Es war ein außergewöhnliches Jahr für die europäische und damit auch für die belgische Landwirtschaft und den Gartenbau. Wetterextreme, gesetzliche Änderungen und geopolitische Konflikte. Doch Luc Vanoirbeek sieht auch eine deutliche Verbesserung für 2023. "Die neue Wertschätzung in dem Bericht von Ursula von der Leyen der Europäischen Kommission gibt mir Hoffnung, dass wir als Sektor aus dieser Situation herauskommen werden."
Auf die Frage, wie der belgische O&G-Sektor im Jahr 2023 aussehen wird, fallen dem VBT-Sekretär vor allem drei Dinge ein. "Erstens: die Wertschätzung, die das vergangene Jahr den Erzeugern und dem Sektor im Allgemeinen gebracht hat. In den vergangenen Jahren kamen Landwirtschaft und Gartenbau in den Reden oft nicht oder nur sehr wenig vor. Es wurde dann nur auf die Kosten hingewiesen. Ein entscheidender Satz kam letztes Jahr von der EU-Kommissionsvorsitzenden Ursula von der Leyen. Sie sagte in ihrer Rede: 'Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Landwirten dafür zu danken, dass sie uns Tag für Tag mit Lebensmitteln versorgen. Die Erzeugung gesunder Lebensmittel ist die Grundlage unserer Agrarpolitik.' Plötzlich sprachen die Menschen in Europa auch über Ernährungssouveränität. Für mich ist dieses Bewusstsein ein entscheidender Faktor für das Jahr 2023."
Luc Vanoirbeek (rechts) mit Philippe Appeltans von BelOrta
Nachhaltigkeit ist nicht länger ein freiwilliger Schritt
Als Nächstes spricht der erfahrene Fachmann das Thema Nachhaltigkeit an. Es handelt sich um ein sehr breites Thema, das in den Geschäftsabläufen mancher Unternehmer immer häufiger vorkommt. "Wir sehen aber, dass dies früher ein freiwilliger Schritt war, den man machen konnte. Natürlich wurde er gefördert, aber seit letztem Jahr scheint er zu einer notwendigen Bedingung für den Markteintritt geworden zu sein. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zu einer gesetzlichen Verpflichtung für Unternehmen. Sicherlich arbeiten die größeren Unternehmen bereits in großem Umfang daran. Wir sehen das auch bei den belgischen Versteigerungen. 'Wie genau müssen wir Rechenschaft ablegen?' und 'Welche Bedingungen müssen erfüllt werden?' und vor allem 'Was genau ist nachhaltig?'. Oft wird ein Vergleich zwischen spanischen, belgischen oder niederländischen Tomaten angestellt. Dann wird das spanische Angebot oft als nachhaltiger angesehen, weil weniger fossile Brennstoffe verwendet werden. Wenn man jedoch den Wasserverbrauch und die Kreislaufwirtschaft betrachtet, ist die Sache etwas differenzierter. Es ist wichtig, diese Punkte objektiv zu betrachten", erklärt Luc.
Der Klimawandel
"Was mir von 2023 in Erinnerung bleibt, sind natürlich die Wetterextreme. Das ist etwas, das wir im letzten Jahr in großem Ausmaß gesehen haben. Sei es die Dürre und Hitze in Ländern wie Spanien und Marokko oder die Überschwemmungen und Regenfälle in Italien, Griechenland und kürzlich in Belgien und Nordfrankreich. Aufgrund dieser Extreme wurden enorme Ernteverluste verzeichnet. Lange Zeit galt der Klimawandel als etwas, das in der Zukunft liegt. Etwas, mit dem wir uns eines Tages auseinandersetzen müssen, aber jetzt ist er greifbar geworden. Seine Auswirkungen sind tatsächlich sichtbar, und er wird in den kommenden Jahren eine noch größere Rolle spielen. Dann ist es manchmal immer noch schwierig, eine Politik auf breiter Basis einzuführen, denn die Nachteile des einen können die Vorteile des anderen sein, wie man jetzt am Birnenmarkt sieht. Es ist einfach nie gut, sich auf das Unglück anderer zu verlassen. Auf lange Sicht wird uns das schaden."
Die Bedeutung der Forschung
Damit kommt Luc zu einem der vielleicht wichtigsten Punkte für 2024: die Bedeutung der Forschung. "Das darf man wirklich nicht unterschätzen. Wir werden alle Register ziehen müssen, um die Zukunft der europäischen Landwirtschaft und des Gartenbaus zu sichern", fährt er leidenschaftlich fort. "Dazu brauchen wir Forschung. Die Erforschung von Alternativen zu fossilen Brennstoffen im Gewächshaus-Gartenbau. Aufgrund des Kaufwahns in anderen Teilen der Welt werden diese nicht ewig verfügbar sein. Außerdem muss der Umgang mit Wasser erforscht werden. In Belgien und den Niederlanden fällt im Allgemeinen ausreichend Regen. Es regnet nur manchmal schlecht. Monate mit Trockenheit können sich mit Monaten mit reichlich Regen abwechseln, wie wir es kürzlich erlebt haben. Wir müssen damit effizient umgehen, wir müssen damit nachhaltig umgehen, indem wir ihn besser auffangen. Als Pflanzensektor sind wir auf dem richtigen Weg, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns."
"Das Gleiche gilt für Pflanzenschutzmittel. Es macht keinen Sinn, einfach zu sagen: 'Wir werden die Pflanzenschutzmittel abschaffen'. Krankheiten und Schädlinge werden nicht verschwinden. Im Gegenteil, mit dem Klimawandel werden sie nur noch häufiger auftreten. Die Aufgabe besteht also darin, eine sinnvolle Strategie für ihre Bekämpfung zu entwickeln und eine Toolbox zu entwickeln, mit der sie angemessen bekämpft werden können. Daher besteht auch hier dringender Forschungsbedarf, um Alternativen zu finden. Sicherlich unterschätzen wir in Europa manchmal, wie wichtig die Forschung für die Gesamtentwicklung der Landwirtschaft und des Gartenbaus ist. Aber neue resistente Sorten und alternative Pflanzenschutzmittel sind dringende Notwendigkeiten."
Neues politisches Umfeld
Luc weist daher darauf hin, dass diese Themen nicht auf die lange Bank geschoben oder gar verdrängt werden sollten. Einerseits scheint die Europäische Kommission mehr Wertschätzung zu zeigen, andererseits steht das Jahr 2024 auch im Zeichen des Wandels, meint er. "Es ist das Jahr der Europawahlen, aber auch der Wahlen in vielen Ländern. Das wird für Aufruhr sorgen, weil wir nicht wissen, welchen Weg die neuen Politiker oder Regierungen einschlagen werden. Es stellt sich also die Frage, wie wir in diesem neuen politischen Umfeld mit wichtigen Dossiers für den Agrarsektor umgehen. Vorschriften rund um Verpackung, NGT's und Wassernutzung sind Themen, denen wir vom VBT in den kommenden Monaten mit Spannung entgegensehen. Letztlich hoffe ich, dass wir in dieser Hinsicht die gute Linie, die wir eingeschlagen haben, beibehalten können", sagt er abschließend.
Weitere Informationen:
Luc Vanoirbeek
Verbond van Belgische Tuinbouwcoöperaties (VBT)
[email protected]
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