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Gemüsegärtner Stefan Scherzer über Fruchtgemüse aus deutschem Anbau:

"Es fehlt momentan die Kauffreudigkeit"

Mit insgesamt drei modernen Produktionsstandorten und einer Gesamtfläche um knapp 40 Hektar Unterglasanbau zählt das fränkische Familienunternehmen Scherzer zu den größten Fruchtgemüse-Produzenten Deutschlands. Das Produktsortiment erstreckt sich vom mengenmäßig größten Produkt Tomaten über Paprika und Gurken bis hin zu Auberginen und Salat. Zu Beginn der Ernte 2024 äußerte sich Geschäftsführer Stefan Scherzer zu den diesjährigen Ertragsprognosen sowie zu den allgegenwärtigen Themen, wie Kostensteigerungen und der Stellenwert des heimischen Fruchtgemüses.

Vor Ostern konnten bereits die ersten Gurken sowie Auberginen und kleinere Mengen an Tomaten geerntet werden. "Die Pflanztermine haben sich kulturübergreifend verschoben. Im vergangenen Jahr 2023 haben wir unsere Auberginen später gepflanzt und geerntet. Dieses Jahr haben wir in der KW 2 gepflanzt, sodass wir nahezu identisch wie in anderen Jahren mit der Ernte anfangen konnten. Mit Paprika beginnen wir um KW 13-14 herum mit dem ersten früheren Satz auf rund einem Hektar. Größere Mengen stoßen ab KW 16 auf den Markt", schildert Scherzer den weiteren Saisonauftakt.


Stefan Scherzer auf der diesjährigen Fruit Logistica.

Er verweist dabei auch auf die fehlenden Sonnenstunden im ersten Quartal des neuen Jahres. "Im Vergleich zum Vorjahr hatten wir vergleichsweise etwas weniger Licht. Der Winter war zwar relativ mild, was für unsere Kulturen durchaus vorteilhaft war, und auch der Januar war hinsichtlich der Lichtmenge noch in Ordnung. Der Februar hingegen war recht sonnenarm. Dies wird auch mit Sicherheit dazu führen, dass wir im frühen Bereich über alle Kulturen hinweg verhältnismäßig niedrigere Erträge haben werden. Eine ähnliche Situation gab es bereits im vergangenen Jahr bei den Tomaten: Da fehlte uns bei der frühen Ernte im Verhältnis zu normalen Jahren circa 20 Prozent der Menge."

Hohe Kosten, tiefes Preisniveau
Besorgniserregend seien aber vor allem die signifikanten Mehrkosten im Unterglasanbau, fährt Scherzer fort. "Die Kostensteigerungen tun uns auf alle Fälle weh. Es handelt sich dabei um Faktoren, die wir als Gemüsegärtner leider nur geringfügig oder gar nicht beeinflussen können. Nicht nur die Lohnkosten, sondern auch die CO₂-Steuern schlagen stark zu Buche. Diese beiden Kostentreiber führen letztlich auch dazu, dass die Jungpflanzen und weitere Bedarfsmittel unter dem Strich erheblich teurer geworden sind." Bei den Energiepreisen gibt es Scherzer zufolge kleinere Differenzen zwischen den drei Produktionsstandorten des Unternehmens. "Am Standort Feulersdorf verfügen wir über ein relativ neues Biomasse-Heizwerk, weshalb wir auch höhere Abschreibungen haben. Am Standort Nürnberg haben wir hingegen eine ältere Anlage und entsprechend niedrigere Kosten."

Preislich sei das Jahr 2024 unvergleichbar mit der letztjährigen Saison. Scherzer: "Bei Gurken liegen wir um 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau, was aus Sicht des Erzeugers auf jeden Fall zu günstig ist. Das ist meines Erachtens auch die große Herausforderung, vor der wir stehen: Wenn das Importgemüse zu günstig angeboten wird und die Kosten weiterhin steigen, läuft die Schere irgendwann zu weit auseinander. Wir haben in Deutschland noch das Glück, dass viele Menschen einen guten Job haben und sich das regionale Gemüse auch tatsächlich leisten können. Dennoch ist die Stimmung, sowohl beim Erzeuger als auch beim Verbraucher, eher gedämpft. Es fehlt die Kauffreudigkeit. Dies kann sich jedoch erfahrungsgemäß schnell wieder ändern. Es liegt auf jeden Fall nicht an den Preisen: Denn unsere Produkte sind weitaus günstiger als im Vorjahr, während der Absatz nicht wesentlich besser ist. Insofern hätte die Saison besser starten können."

Qualität statt Quantität
Die Kulturen mit den geringsten Erträgen leiden Scherzer zufolge am meisten unter der Inflation und Kaufkraftsenkung. "Die Rede ist beispielsweise von Paprika oder Snacktomaten. Bei solchen Kulturen wird die Preisdifferenz zur Importware dann zu groß, was letztendlich auch dazu führt, dass wir uns zwangsläufig über die Qualität behaupten müssen. Dies spiegelt sich wiederum in unserer Sortenstrategie wider: Denn der Fokus liegt nicht so sehr auf der Quantität, sprich dem Ertrag pro Hektar, sondern vielmehr auf der Qualität und dem Geschmack der jeweiligen Sorte. Speziell bei Tomaten ist das Jordanvirus nach wie vor ein wichtiges Thema. Noch befinden wir uns in der Umstellung und es werden laufend hochresistente (HR) Sorten getestet. Ich gehe schließlich auch davon aus, dass es mittel- bis langfristig gar keine regulären Sorten mehr geben wird." Zudem wachsen auf rund drei Hektar Tomaten unter Beleuchtung. "Die Kapazität ist in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben. Der Markt ist zwar da, die Frage ist aber, wie wir das in Zukunft kostentechnisch darstellen können."

Hart umkämpfter Paprika- und Auberginenmarkt
Neben Gurken und Tomaten widmet sich Scherzer ebenfalls dem Anbau von Block- und Spitzpaprikas. Die rote Paprika repräsentiert dabei insgesamt rund 60 Prozent der Produktion. Die restlichen 40 Prozent entfallen auf gelb und orange (jeweils ca. 20 Prozent). Mit circa zehn Produktionsstandorten in ganz Deutschland sei der heimische Paprikaanbau relativ begrenzt, bestätigt Scherzer. "Es sind in den letzten Jahren keine neuen Paprika-Erzeuger dazugekommen, was bedingt durch den großen Preisunterschied zur Importware auch nicht verwunderlich ist. Insofern ist der Paprikamarkt – verglichen mit den Tomaten – sehr hart umkämpft."

Gleiches gelte für die Auberginen, die Scherzer auf aktuell rund 2,5 Hektar anbaut. "Der Markt hat sich im vergangenen Jahrzehnt recht gut entwickelt. Dennoch müssen wir schauen, dass wir die regionalen Auberginen preislich weiterhin vernünftig produzieren können. Wenn wir preislich mit der Importware gleichgesetzt werden, wird sich der regionale Auberginenanbau zwangsläufig reduzieren. Momentan ist es so, dass die Preise im August vielleicht zwei Wochen gut sind, wenn es wenig niederländische Auberginen gibt. Das reicht uns aber nicht. Ich finde es schade, da die Aubergine ein tolles Produkt ist und wir in der Lage sind durchgängig qualitativ gute und frische Ware zu liefern." Die Peperoni hat Scherzer bereits aus dem Sortiment herausgenommen, da sich der Anbau nicht mehr rentiert habe.

Selbstversorgung beim Fruchtgemüse vonnöten
Alles in allem blickt Scherzer der Zukunft zuversichtlich entgegen. "Die Herausforderungen nehmen in jeglicher Hinsicht zu. Die Anforderungen an die Erzeugerbetriebe werden nur noch mehr, insbesondere was die Bürokratie angeht. Jedes Jahr kommt etwas Neues dazu und wir werden mehr oder weniger gezwungen diese Anforderungen in der Praxis umzusetzen. Nichtsdestotrotz haben wir nach wie vor unsere Daseinsberechtigung als regionaler Erzeuger. Die benötigten Absatzmärkte sind auf jeden Fall vorhanden. Nun gilt es, den Handel davon zu überzeugen, dass wir als deutsche Gemüsegärtner auch eine gewisse Unabhängigkeit gewährleisten. Würde es uns nicht mehr geben, wäre man zu 100 Prozent von Importware abhängig. Vergleichsweise benötigen wir im Schnitt etwas mehr Geld, was aber auf die etwas anderen Rahmenbedingungen in Deutschland zurückzuführen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn die deutsche Produktion gar nicht da wäre, auch die Importware zwangsläufig teurer wäre. Insofern brauchen wir eine gewisse Selbstversorgung in Deutschland, und diese muss auch entsprechend gewährleistet werden", heißt es abschließend.

Weitere Informationen:
Stefan Scherzer
Scherzer Gemüse GmbH
Kriegerlindenstraße 3
90427 Nürnberg
[email protected]
www.scherzer-gemuese.de