In der zweiten Hälfte der ukrainischen Apfelsaison gab es keine wirklichen Überraschungen, denn Volodymyr Gurzhiy vom ukrainischen Apfelexporteur USPA Fruit hatte die aktuelle Situation vorhergesagt: "Meine Prognosen für die zweite Saisonhälfte sind eingetreten. Das Wirtschaftsjahr ist noch nicht zu Ende, aber wir können bereits vier Rekorde vermelden. Die Exportsaison ist im Prinzip kürzer ausgefallen als alle anderen, die ich beobachtet habe. Wir haben noch keine Daten erhoben, aber ich denke, dass die Saison 2024-2025 ein Rekordtief in Bezug auf die Menge sein wird, während wir gleichzeitig ein Rekordhoch bei den Preisen verzeichnen. Zu Beginn der Saison waren die Preise für Industrieäpfel rekordverdächtig hoch, weshalb viele Erzeuger solche Äpfel zur Verarbeitung schickten. Interessant ist, dass auch Äpfel von normaler Qualität, die in den Supermarktregalen landen könnten, in beträchtlichen Mengen zur Verarbeitung geschickt wurden."
Warum also wurden diese Äpfel an die Verarbeitungsindustrie geliefert? Teilweise liegt das an den gestiegenen Preisen für andere Fruchtsäfte, erklärt Gurzhiy. "Die Preise für Orangenkonzentrat sind hoch und hierdurch steigen auch die Preise für Apfelkonzentrat an, und waren die Rohstoffpreise auch dementsprechend hoch. Die geringe Ernte in dieser Saison war ebenfalls ein treibender Faktor, da einige Regionen stark unter den Spätfrösten im Frühjahr 2024 litten. Diese Faktoren führten also zu einer kurzen Saison, niedrigen Exporten und hohen Preisen, wobei ich noch einen weiteren treibenden Faktor erwähnen möchte: Es gab eine hohe Nachfrage nach ukrainischen Äpfeln."
Sowohl die ukrainischen Exporteure als auch die Händler wussten, dass die Ernte und der spätere Bestand an Äpfeln exportorientierter Sorten geringer als üblich ausfiel und handelten recht aktiv, erklärt Gurzhiy. "In diesem Jahr wurden die Kämpfe um den ukrainischen Apfel nicht nur auf den Endmärkten, sondern auch über die Erzeuger im Land ausgetragen. Wir mussten einen ungewöhnlich hohen Preis zahlen, aber die Rekordpreise für Industrieäpfel sowie die hohen Preise für Äpfel der Premium- oder 1. Qualitätskategorie im Land gaben den Erzeugern das Vertrauen, dass sie die Äpfel unter allen Umständen zu einem hohen Preis verkaufen würden. Derzeit hat die Nachfrage nach hochwertigen ukrainischen Äpfeln ihren Höhepunkt erreicht. Die ukrainischen Supermarktketten haben sich dem Wettbewerb um diese Äpfel angeschlossen, und die Preise, die der einheimische Einzelhandel zahlt, sind mit den internationalen Preisen durchaus konkurrenzfähig. Jetzt erhalten wir sehr oft Anfragen für unsere Äpfel aus verschiedenen Ländern, aber wir können ihnen nichts mehr anbieten, weil die Risiken unter dem Gesichtspunkt der Qualität jetzt hoch sind und es logischer ist, denselben Apfel in der Ukraine zu denselben oder sogar besseren Bedingungen zu verkaufen."
Jedes Mal, wenn die Marktteilnehmer positive Signale über ein mögliches baldiges Ende des Krieges erhielten, habe dies zu aktiven Investitionen in der Branche geführt, so Gurzhiy. "Die ukrainischen Erzeuger pflanzten nach und nach neue Obstanbauflächen und erneuerten die Infrastruktur, wenn sie positive Nachrichten erhielten. Es ist klar, dass die jüngsten Nachrichten über die Verschärfung der politischen Beziehungen zwischen der Ukraine und den USA für die Gartenbaubranche etwas beunruhigend sind, denn Investitionen in Gartenbauprojekte sind langfristige Gelder, die man nicht so schnell zurückziehen kann. Ich glaube jedoch nicht, dass jemand von seinen Plänen abrückt. Ich habe den Eindruck, dass sich die ukrainischen Unternehmen bereits an die Umstände gewöhnt haben und sich parallel zu den politischen Trends bewegen."
"Vielleicht klingen meine Worte zu positiv für die aktuelle Situation, deshalb möchte ich ein wenig Realismus hinzufügen. Im ukrainischen Gartenbau wie auch in anderen Branchen herrscht ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften, insbesondere an männlichen Fachkräften. Bankfinanzierungen sind immer noch recht teuer, und wenn ich ausländischen Partnern erzähle, dass Handelsfinanzierungen 24 Prozent pro Jahr kosten können, glauben sie es einfach nicht, denn mit solchen Kosten ist es sehr schwierig, auf dem Markt zu überleben. Und da es auf dem heimischen Markt an Obst mangelt, importiert USPA jetzt auch Äpfel, um die Lücken zu füllen."
Trotz der sehr öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten zwischen Trump und Zelensky glaubt Gurzhiy nicht, dass die USA die Ukraine völlig im Stich lassen werden: "Ich bin sicher, dass wir viele Trümpfe in der Hand haben und hatten, wie beispielsweise natürliche und menschliche Ressourcen, und wie wir sehen, kämpfen sowohl Russland als auch die USA um die Kontrolle über diese Trümpfe. Daher glaube ich nicht, dass Präsident Trump seine Hilfe für die Ukraine aufgeben wird. Er wird von der Gemeinschaft nicht verstanden, weder von den amerikanischen Wählern noch von den Europäern. Ich habe den Eindruck, dass Trump manipulative Methoden der Einflussnahme einsetzt, um die Ukraine zu zwingen, sein Szenario eines Friedensabkommens zu akzeptieren. Wie Präsident Zelensky gezeigt hat, wird die Ukraine den Frieden nicht um jeden Preis akzeptieren. Es besteht also eine gewisse Spannung. Meines Erachtens liegt diese Spannung in bestimmten Punkten des Friedensabkommens begründet, zu denen die Parteien unterschiedliche Positionen haben. Allen ist klar, dass ein Friedensabkommen zustande kommen muss und die Parteien Kompromisse eingehen müssen, weshalb es für die Vereinigten Staaten von Vorteil ist, der Ukraine zu helfen und mit ihr zusammenzuarbeiten. Die Vereinigten Staaten waren noch nie so nah dran, Russland in diesem Bereich zu besiegen", sagt er abschließend.
Weitere Informationen:
Volodymyr Gurzhiy
USPA Fruit LLC
Tel/Whatsapp: +380 50 925 57 32
[email protected]
www.uspafood.com