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Georg Boekels, Präsident des Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer e. V., zum deutschen Apfelanbau:

"Bis sich eine Sorte am Markt durchsetzt, können bis zu 20 Jahren vergehen"

Die Ernte der Elstar- und Galaäpfel fällt im Rheinland in diesem Jahr zwar etwas geringer aus als 2022, jedoch konnte im letzten Jahr auch eine Rekordernte erzielt werden. "Dass die Ernte in diesem Jahr kleiner ausfällt, ist nicht ungewöhnlich. Da die Erntemengen im letzten Jahr so groß ausfiel, kann man 2023 von einer normalen Ernte sprechen", sagt Georg Boekels, Präsident des Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer e. V. "Im Mai/Juni gab es zwar eine Hitzeperiode, die allerdings relativ kurz anhielt. Für gewöhnlich sind die Äpfel ab Temperaturen von 30 Grad schnell von Sonnenbrand betroffen, das war in diesem Jahr aber nicht der Fall." Boekels betreibt selbst einen Obstbaubetrieb in Bergheim und kooperiert unter anderem mit dem Unternehmen Frutania.


Georg Boekels und sein Sohn auf dem Fliestedener Obsthof

Konzentration auf einzelne Sorten
Um das Interesse der Verbraucher anzukurbeln, versuchen Obstbaubetriebe stets neue Sorten auf den Markt zu bringen, wie zuletzt etwa die Magic Star, die exklusiv für die Kette Edeka produziert wird. "Die Produktionsmengen von Magic Star bewegen sich aber noch in einem begrenzten Umfang. Auch vom Deutschen Obst-Sorten Konsortium geförderte Sorten wie Fräulein sind noch nicht besonders dominant auf dem Markt. Schon bei Clubsorten wie Kanzi hegte man die Hoffnung, dass sie den Konsum steigern könnte. Doch bis sich eine Sorte am Markt durchsetzt, können bis zu 20 Jahren vergehen", so Boekels. Ferner sei der Absatz von der Sorte Berlepsch seit jeher auf einem niedrigen Niveau, wobei die Verkaufszahlen nicht gesunken seien.

Boekels zufolge laste hinsichtlich der Sortenauswahl auch ein gesellschaftlicher Druck auf der Branche: "Da wir weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen sollen und außerdem noch Sorten finden müssen, die hitzeresistenter sind, fallen ältere Sorten wie Cox Orange weg. Selbst wenn man eine vermarktbare Sorte gefunden hat, kann es bis zu zehn Jahre dauern, bis man die Kosten für die Lizenzgebühren wieder eingespielt hat. Bei Cox Orange besteht das Problem, dass die Qualitäten sehr zu Wünschen übrig lassen und sie ab November nicht mehr vermarktbar ist."

Zumal der Handel auch nicht imstande sei, mehrere Sorten auf einmal anzubieten. "Bei der Vermarktung kommen noch verschiedene Verpackungen, Formate, Kaliber etc. ins Spiel. Es wäre besser, wenn sich alle auf einzelne Sorten konzentrieren würden. Das wäre für sämtliche Marktteilnehmer besser als ständig die neuen Sterne am Himmel zu verlautbaren. Gleichzeitig möchte auch jeder innovative Betrieb vorne mitmischen, da an der Spitze mitunter noch entsprechend Geld verdient werden kann. Denn wer nur noch Billigprodukte kultiviert, wird künftig ebenfalls Schwierigkeiten haben."

Zwar werde hinsichtlich der Sortenentwicklung bereits Versuchsarbeit geleistet, was Boekels zufolge allerdings fehlt, sind Langzeitversuche. "In Anbetracht des Drucks, neue Sorten zu kultivieren, sollte in diesem Bereich noch mehr gemacht werden." Die Situation für Elstar und Jonagold ist im Prinzip schon abgehakt, Braeburn ist so gut wie durch. Die Vermarktung läuft zwar, allerdings ist eine Ausweitung nicht möglich."

Belastung durch hohe Energiepreise
Zudem seien die Stromkosten eklatant gestiegen. "Als Obsterzeuger zahlt man mittlerweile um die 0,40 EUR/kWh für Strom. Bei unserem Betrieb arbeiten wir seit 15 Jahren immer mit Naturstrom. Obwohl der Windstrom nicht teurer geworden ist, verlangt man von uns trotzdem 0,39 EUR/kWh." Unverständnis zeigt er daher angesichts der politischen Rahmenbedingungen, die solche undurchsichtige Preispolitik der Stromproduzenten zulassen würden. "Auch die höheren Kosten durch den Mindestlohn sind gesellschaftlich gewollt, wobei die Gesellschaft die Mehrkosten nicht tragen möchte. Diese Vogel-Strauß-Politik ist für niemanden gut. Jeder will den Lohn haben, ist aber nicht bereit, diesen Lohn zu bezahlen. Es stellt hierbei die Frage, ob man nicht auch das gesamte Lohngefüge umstellen müsste."

Einsatz für eine klare Kennzeichnungsverordnung
Schwierigkeiten bereite auch die Industrieware aus Polen. "Wenn wir unsere Industrieware zu dem Preisniveau verkaufen würden, das der polnischen Ware entspricht, könnten wir angesichts unserer Lohnstruktur gar nicht mit ihnen konkurrieren. Dadurch bleiben allerdings Qualitäten im Handel, die man eigentlich an die Industrie vermarkten möchte. Da der Verbraucher diese Ware nicht annimmt, beeinträchtigt das natürlich unsere Marktsituation. Diesen Umstand haben wir bei der letzten Konferenz der Landwirtschaftsminister am 20. September moniert. Alle Landesverbände wurden dazu aufgefordert, ihrem Landwirtschaftsminister zu verdeutlichen, dass eine genaue Kennzeichnungsverordnung für verarbeitete sowie nicht-verarbeitete Produkte etabliert werden muss. Es muss klar sein, woher die Ware herkommt. Das ist etwas, was die Verarbeitungsindustrie gerne verschweigt, um ihre Gewinnspannen zu maximieren, was sich wiederum negativ auf unsere Produktion auswirkt. Daher plädieren wir für die Verabschiedung einer Verordnung, die der hiesigen Produktion gerecht wird."

Weitere Informationen:
Georg Boekels
Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer e.V.
Rochusstraße 18
53123 Bonn
Fon 0228 - 52 006 700
E-Mail: info@provinzialverband.de
Internet: http://provinzialverband.de