Die Zwetschgenernte im Balkan nähert sich der zweiten Saisonhälfte. Sowohl seitens der Beschaffung als auch Vermarktung sei die diesjährige Saison allerdings sehr schleppend gewesen, teilt uns Kristina D'Angelo, Geschäftsführerin der spezialisierten Handelsagentur Balkan Fruit, mit. Schuld daran seien unter anderem die stetige Überversorgung, der außergewöhnlich frühe Saisonauftakt sowie die allgegenwärtigen Kostensteigerungen.
Die Balkan Fruit mit Sitz in Bretten entstand in diesem Jahr und versteht sich als Bindeglied zwischen Erzeugern im Balkan und dem deutschen Absatzmarkt. D'Angelo: "Mein Vater hat früher einen eigenen Obsthof in Serbien betrieben und ist somit mit der Branche vertraut. Aus diesen Erfahrungen heraus hat er sich dann mehr auf den Handel fokussiert. Nachdem ich mich entschlossen habe, in seine Fußstapfen zu treten, entstand dann die Idee, eine eigene Handelsagentur zu gründen. Wir bieten im Prinzip die ganze Bandbreite an Balkan-Erzeugnissen - von Kern- und Beerenobst über Zwetschgen und Aprikosen bis hin zu Sauerkraut im Winter. Unsere Absatzmärkte sind insbesondere die Großmärkte im süddeutschen Raum sowie Convenience-Verarbeiter, die wir mit Rohware beliefern."
Überversorgung prägt diesjährige Zwetschgensaison
Die diesjährige Zwetschgensaison startete außergewöhnlich früh, so D'Angelo. "In der ersten Juliwoche - ca. 20 Tage früher als sonst - trafen bereits die ersten Chargen der Sorte Cacaks Schöne ein. Wir konnten diese Mengen natürlich nicht gänzlich einlagern, weshalb ein Loch bis zur nächsten Erntewelle entstand." Erschwerend hinzu kam die fehlende Nachfrage. "Bedingt durch den frühen Saisonauftakt war noch zu viel einheimische Ware aus deutschem Anbau vorhanden, was sich entsprechend auf den Bedarf an Balkan-Zwetschgen ausgewirkt hat. Der Markt war in der ersten Saisonphase auch preislich hart umkämpft. Cacaks Schöne wurde zu 0,85 Euro/kg gehandelt, während normalerweise etwa 0,95 Euro/kg für die Ware verlangt wird. Insofern wird das Zwetschgenjahr leider als sehr holprig und turbulent in Erinnerung bleiben."
Im Zusammenhang zum verhältnismäßig niedrigen Preisniveau seien auch die hohen Beschaffungskosten in diesem Jahr besonders erwähnenswert, fährt D'Angelo fort. "Der Transport ist extrem teuer geworden, was sich entsprechend auf die Fixkosten niederschlägt. Das führt leider auch dazu, dass für den Erzeuger letzten Endes sehr wenig übrig bleibt."
Zu Beginn der zweiten Saisonhälfte sei von einer Belebung des Marktes noch keine Rede. Mangels Nachfrage sei die Vermarktungslage D'Angelo zufolge nach wie vor schleppend. "Auch preislich sehen wir leider wenig Veränderung. Die jetzige Hauptsorte Stanley wird zurzeit zu etwa 0,80 Euro/kg angeboten. Wir versuchen, unsere Ware in erster Linie am Frischmarkt, ob im LEH oder Großhandel, zu platzieren. Wenn die Ware keinen Abnehmer findet, wird sie in der Industrie untergebracht. Am Puls der Zeit wollen wir dem Nachhaltigkeitsgedanken entsprechend gerecht werden. Das ist uns besonders wichtig."
Weiteres Exportpotenzial trotz Personalmangel vorhanden
Trotz der schwierigen Saison 2022 sieht die spezialisierte Importeurin weiteres Wachstumspotenzial für den Obstbau in der Balkan-Region. "Der Agrarsektor auf dem Balkan kämpft mit einem alarmierenden Personalmangel, denn es ist leider sehr schwierig, die jüngere Generation für die Landwirtschaft zu gewinnen. Der Lebensstandard auf dem Land ist in den Balkan-Ländern im Vergleich zur Stadt sehr niedrig, was wiederum zum Teil mit der EU-Mitgliederschaft zusammenhängt. Wenn es gelingt, diese Herausforderungen einigermaßen zu meistern, sehe ich der Zukunft recht positiv entgegen. Denn nicht nur bei den Zwetschgen, sondern auch im Bereich Beerenobst sehe ich weiteres Exportpotenzial."
Weitere Informationen:
Kristina D'Angelo
Balkan Fruit Obst & Gemüsehandel
Anne-Frank-Str. 4
75015 Bretten
Tel. +49 (0)176 64 399 366
eMail: [email protected]
www.balkanfruit.de