"Wieso ist bauen teuer?"
Herman kommt mit einem Beispiel vom Beginn der Krise. "Wir hatten ein Projekt mit absolutem Wachstumspotential. Verhandeln wäre möglich aber nicht 100% nötig. Die Hausbank informierte, dass die Finanzierung kein Problem wäre, aber kam drei Monaten später darauf zurück und gab an, dass es besser wäre einen anderen Finanzierer zu suchen. Daraufhin haben wir die Frage gestellt: was ist wirklich notwendig und was will man? Wir haben alle Extras aus dem Projekt genommen. Die Folge hiervon war, dass das Projekt mit der Hälfte des Volumens durchgeführt werden konnte. Inzwischen ist die andere Hälfte der Fabrik in China gebaut. Hiermit verschwand auch 50% der Produktion in den Niederlanden. Was ist der Wunsch und was ist die Notwendigkeit?"
Herman Bessels
Erster Computer
"Weiter fragen ist wichtig. Der erste Computer, den ich kaufte, war schwarz mit einer roten Zierleiste. Der Mann, der ihn verkaufte, wusste nicht genau, was man mit dem Ding machen konnte und ich wusste nicht was ich damit machen wollte. Ich hatte keine Ahnung von Automatisierung, aber fand, dass ich, Anfang der 80er Jahre, automatisieren musste. Als Architekt denkt man dann: Kauf Dir einen schönen Apparat. Wenn er nicht funktioniert, habe ich auf jeden Fall einen Computer, der gut aussieht", blickt Herman lachend zurück. "Das Ding hat keine Minute funktioniert, aber sehr viel Geld gekostet."
"Diese Situation ist im Bau weiterhin an der Tagesordnung. Man kauft, was man nicht braucht oder bekommt was nicht bestellt ist. Wir geben Antwort auf Fragen, ohne zu fragen, was wirklich gemeint ist und ob es nicht anders möglich ist. Das Stellen einer guten Frage setzt voraus, dass man als Frager genau weiß, was die Möglichkeiten laut dem letzten Stand der Technik sind. Wir treffen in beinahe allen Bauprojekten auf diese Probleme. Kunden haben oft nicht den Mut, um zu sagen, was sie denken und halten darum ihren Mund. Als Architekt kann man dem Kunden ein fantastisches Logistikzentrum in 3D zeigen, aber es geht darum , dass man Dinge zurückbringt auf Einzelteile die jeder begreift, zur Not mit Legosteinen."
Übersichtlich
"Darum ist es so wichtig, um eine gründliche, aber auch ehrliche Analyse der Pläne zu machen. Und, um auch zu korrigieren, wenn die Ausgangspunkte doch nicht richtig sind. Erfahrung ist schließlich die Summe gemachter Fehler. Wir brauchen Menschen, die ein Projekt übersichtlich betrachten. Die sich z.B. fragen, was mit einer Fabrik geschieht, wenn diese in 5 Jahren eine andere Funktion bekommt. So haben wir einmal eine Foodfabrik in einem Logistikzentrum gebaut, da diese in dem Standort gut zu finanzieren war. Der Unterschied mit einer standard Foodfabrik war in diesem Fall, dass wenn die Fabrik stopt, das Erdgeschoß problemlos erhöht werden konnte, und es wieder ein normales Logistikzentrum werden würde. Folge: Für eine Foodfabrik fand man keinen Finanzier. Für die Foodfabrik in einem Logistikzentrum hatten wir mehrere. Man muss umdenken."
Treffender Comic über Kommunikation
"In den letzten Jahren haben wir viele Projekte realisiert, die eigentlich nicht ausgeführt werden konnten, da es keine Finanzierung gab. Aber durch unsere kritischen Fragen, was wirklich nötig ist, haben wir eine Technik entwickelt, um Pläne zu machen, die in das anwesende Budget passen", setzt Herman fort. Er vergleicht es mit einem Besuch beim Arzt. "Wenn du zum Arzt gehst und sagst, dass Du Bauchschmerzen hast, ist es die Aufgabe vom Dokter, um herauszufinden, was das Problem wirklich ist, anstatt, dass Du ihm erzählst, was er tun muss."
"Wir bekommen oft die Reaktion von Unternehmern, dass sie einen Architekten mit tollen Bildern erwarteten, aber dass einer zu Besuch kam, der wirklich fragte, was sie wollen. Und wenn wir eine Fabrik mit 60% der beauftragten Oberfläche bauen können, dann ist das qua Finanzierung doch ein Stück günstiger, sicher wenn man dann auch noch durch Personalsverminderung sparen kann", erklärt Herman. Diese Arbeitsweise bringt dem Architekten- und Ingenieursbüro viele Vorteile. "Wir sind zufrieden mit der Menge Arbeit, die wir haben. Vor allem aus dem mittleren Segment, wo Geschäftsführer / Besitzer sich trauen, um Familienbesitz in ein neues Betriebsgebäude zu investieren. Es ist ein Risiko, aber wenn es erstmal läuft, dann kann man die Früchte der Arbeit ernten."
Für mehr Information:
Bessels architekten & ingenieurs B.V.
Domineestraat 10
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