Am 20. August fand zum zweiten Mal am Lehr- und Versuchszentrum für Gartenbau (LVG) in Erfurt der Thüringer Haselnusstag statt. Ziel der Veranstaltung war es, Akteure aus den Bereichen Anbau, Verarbeitung und Vermarktung von Haselnüssen zusammenzubringen und ihnen neben dem Fachprogramm eine Plattform für den Austausch zu bieten. Dr. Martin Penzel vom ausrichtenden TLLLR konnte 80 Teilnehmer begrüßen. Das Publikum bestand aus Obstbauern, Landwirten, Anbauberatern, Studierenden, Akteuren aus dem Bereich Agroforst sowie Vertretern von Verwaltung und Forschungseinrichtungen. "Die regelmäßigen Anfragen aus allen Teilen Deutschlands zeigen das große Interesse an dieser Kultur", betonte Dr. Martin Penzel, Referent für Obstbau am LVG, bei der Eröffnung der Veranstaltung.
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Erfolgreicher Anbau und Direktvermarktung von Haselnüssen
Im ersten Vortrag präsentierten Gabi und Jochen Braun ihren Betrieb "nuss-braun" aus dem schwäbischen Kammeltal. Das Ehepaar, das vor zehn Jahren von traditioneller Landwirtschaft mit Feldbau und Tierhaltung auf Haselnuss- und Walnussanbau umgestellt hat, berichtete über ihre Erfahrungen mit Dauerkulturen und Direktvermarktung. Aufgrund der großen Nachfrage haben sie in Verarbeitungsmaschinen investiert und ihr Angebot an Produkten aus Hasel- und Walnüssen kontinuierlich ausgebaut.
Neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis
Ruben Pires Heise von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Bamberg stellte seine Praxisversuche zum Schnitt von Haselnussbäumen sowie zum Einsatz von Erntenetzen vor. Sein Fazit: Durch optimierten Schnitt lässt sich die Qualität der Früchte steigern. Wie bei anderen Baumobstkulturen ist ein regelmäßiger Schnitt essenziell für die Erneuerung des Fruchtholzes und um Licht ins Innere der Baumkronen zu bringen.
Natalia Riemer von der Universität Kassel präsentierte neue Erkenntnisse zur Biologie des Haselnussbohrers – einem wichtigen Schädling im Haselnussanbau – und zur möglichen Bekämpfung mit Hühnern. Sie zeigte anhand ihrer Versuche, dass Larven von Haselnussbohrern die meiste Zeit in Tiefen zwischen 30 und 50 cm im Boden verbringen und sich in dieser Tiefe auch verpuppen. Der fertige Käfer gräbt sich anschließend nach oben und verlässt den Boden. Eine Bekämpfung mit Hühnern ist somit schwer vorstellbar. Jedoch können Hühner positive Effekte durch zusätzliche Nährstoffversorgung und die Bekämpfung von Wurzelschösslingen haben, die sie abfressen.
Internationaler Haselnussanbau
Dr. Martin Penzel berichtete über seine Exkursion nach Washington State und gab Einblicke in den amerikanischen Haselnussanbau. Bisher findet 99,9 % des amerikanischen Haselnussanbaus im Willamette Valley in Oregon statt – einer Gunstregion für Haselnussanbau mit optimalen Wachstumsbedingungen. Aufgrund des hohen Befallsdrucks mit Haselnusskrebs hat sich außerhalb des Willamette Valley bisher kaum Haselnussanbau etabliert. Im Zuchtprogramm der Oregon State University sind in den letzten Jahrzehnten jedoch viele resistente Sorten entstanden, die auch einen Anbau außerhalb der Gunstregion ermöglichen. Penzel besuchte unter anderem Betriebe mit Direktvermarktung, die dort interessante Produkte aus gerösteten Bio-Haselnüssen herstellen.
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Obstbau im Klimawandel
Dr. Silvia Krug vom IMMS Ilmenau erläuterte klimatische Veränderungen am Standort Erfurt und deren Auswirkungen auf die Bewässerung von Obstbäumen. Sie zeigte anhand von Wetteraufzeichnungen, dass bereits eine Verschiebung der Niederschlagsmuster erkennbar ist. Die Anzahl der Regenereignisse hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen, jedoch haben einzelne Starkregenereignisse zugenommen. Durch circa 1,5 °C höhere Temperaturen ist die Verdunstung gestiegen, was eine Bewässerung für den erfolgreichen Obstanbau notwendig macht.
Bestäubung als Schlüsselfaktor
Luzia Zeymer stellte ihre Versuche zur Bestäubung von Haselnüssen vor. Sie zeigte, dass Handbestäubung den Fruchtansatz erhöhen kann und dass es deutliche Unterschiede im Fruchtansatz gibt, je nachdem, welche Bestäubersorte gewählt wird. Die Versuche zeigen, dass eine künstliche Bestäubung – wie sie in anderen Ländern Praxis ist – den Haselnussanbau voranbringen kann.
Praxisnahe Versuchsbegehung
Dr. Martin Penzel zeigte den Teilnehmern anschließend im Versuchsfeld des LVG verschiedene Haselnusssorten auf der Unterlage Corylus colurna im 12. Standjahr sowie Dichtpflanzungen im 6. Standjahr und einen Unterlagenversuch. Die Teilnehmer konnten verschiedene Sorten verkosten. Zusätzlich wurde der Einsatz von Bodenfeuchtesensoren für eine gezielte Bewässerungssteuerung von Falk Eisenreich vom IMMS demonstriert.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der mitteldeutschen Kooperation zwischen Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt statt.
Autor: Dr.Martin Penzel/Herbert Knuppen
Weitere Informationen:
https://tlllr.thueringen.de/wir/standorte/erfurt