Künstliche Intelligenz (KI) kommt auch in der Landwirtschaft immer mehr zum Einsatz. Das süddeutsche Startup Karevo GmbH hat es nun geschafft, eine KI-gestützte optische Sortieranlage für Speisekartoffeln zu konzipieren und steht nach einigen Jahren Entwicklungszeit kurz vor dem Markteintritt. "Die Resonanz auf und im Nachgang zum gemeinsamen Messeauftritt mit unserem Partner Euro-Jabelmann auf der expoSE in Karlsruhe war besonders erfreulich. Wir sehen eine Diskrepanz, indem viele Familienbetriebe und Direktvermarkter aufgrund des Personalmangels gezwungen werden, in Automatisierung zu investieren, gleichzeitig aber zu klein sind, um sich die herkömmlichen optischen Sortierlinien leisten zu können. Unser Anliegen ist es, auch dieser Zielgruppe den Schritt hin zur Automatisierung mit einem preiswerten, jedoch funktionalen Verfahren zu ermöglichen", schildert Mitgründer und Geschäftsführer Benedikt Keßler auf Anfrage.
© Karevo GmbH
Johannes von Wittke und Benedikt Keßler von der Karevo GmbH mit Heiner Bosmann und Gitti Veurink-Bosmann von der EURO-JABELMANN Maschinenbau GmbH auf der expoSE 2024.
Rund vier Jahre hat es nun gedauert von der Grundidee und Konzeptentwicklung bis zum offiziellen Markteintritt, der im November auf der Agritechnica stattfinden wird. Die größte Schwierigkeit sei die kompakte, platzsparende Bauweise des Verfahrens gewesen, so Keßler, der selbst auf dem elterlichen Kartoffelhof aufwuchs und somit mit den Herausforderungen des Sektors vertraut ist. "Wir haben einige Testbetriebe quer durch Deutschland mit entsprechenden Demo-Anlagen ausgestattet, sodass sich jeder Interessent die Maschine vor Ort in der jeweiligen Region anschauen kann." Anhand der bisherigen Anfragen zeigt sich das größte Einsatzpotenzial im Bereich direktvermarktende Kartoffelhöfe, obwohl sich auch bereits größere Agrarbetriebe gemeldet haben, mit 10-20 Hektar Speiseware.
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Die Teillösung aus dem Hause Karevo GmbH sei kompatibel mit allen marktüblichen Verlesetischen, sodass die bestehende Infrastruktur weiter genutzt werden könne. Dank KI und 3D-Kameras ermöglicht das Verfahren eine zuverlässige Fremdkörper-, Form- und Defekterkennung (darunter Fäulnis, Drahtwurm, Verformungen und Verletzungen).
Durchsätze bis zu 5 Tonnen/Stunde
Die Taktzahl des ausgeklügelten Sortierverfahrens liegt nach Angaben der Karevo GmbH bei mindestens 3 Tonnen/Stunde. "Erfahrungsgemäß sortieren viele Betriebe auf demselben Band auch Übergrößen und unförmige Kartoffeln, theoretisch wären aber auch Durchsätze bis zu 5 Tonnen/Stunde realistisch. Ansonsten ist das bisherige Feedback unserer Testpartner durchweg positiv. Bloß stellte sich heraus, dass die vielen Einstellmöglichkeiten vonseiten des Anwenders gar nicht benötigt werden, sondern dass ein vereinfachtes User-Interface präferiert wird. Bis auf kleine Umstellungen werden die Grundeinstellungen in der Regel kaum angepasst."
Anwendungspotenzial bei Karotten und Zwiebeln
Je nach Durchsatz und Betriebsgröße soll sich die Anlage innerhalb von drei Jahren amortisieren. Obwohl das Verfahren primär auf die Kartoffelbranche ausgerichtet ist, sieht man künftig auch Anwendungspotenzial in anderen Bereichen. "Viele familiengeführte Betriebe produzieren neben Kartoffeln auch Zwiebeln oder Karotten. Dementsprechend wäre es vorstellbar, die Anlage so zu optimieren, dass sie sich auch auf diese Kulturen adaptieren lässt. Ferner gibt es bereits Ideen, eine noch kompaktere Linie oder ein Modell mit mehreren Ausgängen zu entwickeln. Das ist aber alles noch Zukunftsmusik", schlussfolgert Keßler.
Positive Grundhaltung gegenüber KI als Chance für Effizienz und Nachhaltigkeit
Auch vonseiten des Kooperationspartners EURO-JABELMANN glaubt man stark an die Nutzung von KI zur Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung in der Kartoffeltechnik. Die technologische Expertise von Karevo sei eine wichtige Ergänzung der bestehenden Kompetenzen, so Geschäftsführerin Gitti Veurink-Bosmann auf Anfrage. "Wir sind der Überzeugung, dass die präzise Datenauswertung zur Verbesserung und Automatisierung der Anbau- , Ernte- und Sortierprozesse sowie zur Erhöhung der Erntequalität durch bessere Erkennung und Klassifizierung von Kartoffeln beiträgt. Perspektivistisch sehen wir auch Möglichkeiten zur Integration von KI in Monitoring und Prozesssteuerung."
Der anerkannte Branchenzulieferer mit Sitz in Itterbeck (Niederrhein) pflegt eine positive Grundhaltung gegenüber KI als Chance für Effizienz und Nachhaltigkeit, betont Veurink-Bosmann. "Wir sehen ebenfalls Potenzial für andere Feldfrüchte, da ähnliche Herausforderungen bei Ernte und Sortierung bestehen. Wir könnten uns zum Beispiel ähnliche KI-gestützte Verfahren zur verbesserten Qualitätskontrolle und Sortierung bei Zwiebeln, Karotten und weiteren Produkten vorstellen. Diese Erweiterung der Technologie auf weitere Anbauprodukte sehen wir auch als logische Weiterentwicklung unserer Zusammenarbeit mit Karevo."
Weitere Informationen:
Benedikt Keßler
Karevo GmbH
Lauberg 42
85417 Marzling
info@karevo.de
www.karevo.de
Gitti Veurink-Bosmann
EURO-JABELMANN Maschinenbau GmbH
Wilsumer Str. 19-21
D-49847 Itterbeck
Tel. +49-5948-9339-0
info@euro-jabelmann.de
www.euro-jabelmann.de