Am 22. November lehnte das EU-Parlament die "Sustainable Use Regulation" (SUR) für Pflanzenschutzmittel ab. Die Branchenverbände in Deutschland zeigen sich mehrheitlich zufrieden, aber es besteht auch die Angst vor einem Flickenteppich statt einer einheitlichen Regelung in Europa.
IVA: "Chance zur Harmonisierung vertan"
Nach der Ablehnung der "Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln" (Sustainable Use Regulation: SUR) gestern im Europäischen Parlament befürchtet der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) künftig ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeit bei der Reduktion und dem nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
"Die SUR ist mausetot und das bedeutet auch eine vertane Chance zur europäischen Harmonisierung", kommentiert IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer: "Angefangen von einem handwerklich schlecht gemachten Vorschlag der Kommission über die überzogenen Verschärfungen im Umweltausschuss bis zum Showdown im Parlament stand das Vorhaben nie unter einem guten Stern. Doch das endgültige Scheitern der Verordnung bedeutet, dass die gesetzliche Grundlage für den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Europa weiter eine Richtlinie aus dem Jahr 2009 bleibt. Deutschland hatte diese bereits ambitioniert umgesetzt. Es bleibt zu befürchten, dass wir künftig einen Flickenteppich aus Mitgliedstaaten haben, die die Reduktionsziele der Farm to Fork-Strategie energisch umsetzen – und solchen, die sie verzögern. Die Bundesregierung muss hier genau darauf achten, dass daraus keine weiteren Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der deutschen Landwirtschaft erwachsen."
Deutscher Bauernverband: SUR-Entscheidung im Sinne der Ernährungssicherung
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, begrüßt das Ergebnis der heutigen Abstimmung im Europäischen Parlament zum Entwurf der Sustainable Use Regulation (SUR): "Pauschalverbote und praxisferne Vorgaben, die die Existenz vieler landwirtschaftlicher Betriebe gefährdet hätten, wurden von einer Mehrheit der Abgeordneten klar abgelehnt. Wir setzen weiterhin auf den kooperativen Ansatz, also auf die Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft. Dafür gibt es bereits zukunftsweisende Beispiele, wie etwa in Niedersachsen oder Baden-Württemberg. Wir werden das Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren, auch weiterhin verfolgen. Dabei muss dennoch Ernährungssicherung als oberste Prämisse gelten."
ZVG zufrieden: SUR im EU-Parlament gescheitert
Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) zeigt sich zufrieden mit dem Abstimmungsergebnis zur EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) im EU-Parlament. "Damit wird ein großes Damoklesschwert, das über dem heimischen Gartenbau schwebte, beiseitegelegt", kommentiert ZVG-Präsident Jürgen Mertz. Obwohl seit anderthalb Jahren diskutiert, seien die Vorschläge zur Reduktion des Pflanzenschutzansatzes immer noch einem Schnellschuss gleichgekommen. Mit ihnen sei ein nachhaltiger Pflanzenschutz im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes nicht zu gewährleisten.
Die Kritik des ZVG hatte sich vor allem an den pauschalen Reduktionszielen, der Einbeziehung aller Schutzgebiete und fehlender Alternativen im biologischen Pflanzenschutz entzündet. Die bisherigen Reduktionserfolge in der Branche waren völlig ignoriert worden. Mit der EU-Verordnung in der zuletzt diskutierten Form wäre eine wirtschaftliche gartenbauliche Produktion von Obst, Gemüse, Gehölzen und Pflanzen kaum oder nicht mehr möglich. Viele Naturschutzgebiete seien erst entstanden, weil dort beispielsweise Obstbau betrieben wurde.
"Nun kommt es darauf an, gemeinsam mit der Branche Produktionssysteme und Pflanzenschutzstrategien weiterzuentwickeln und den Gartenbau auf seinem Transformationsprozess zu begleiten", so Mertz abschließend. "Dazu zählt eine schnellere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im Bereich der Lückenindikationen, aber auch die von uns geforderte Nützlingsverordnung."
DRV: "Eine Entscheidung der Vernunft"
Das heutige Abstimmungsergebnis im Europäischen Parlament zur EU-Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR, Sustainable Use Regulation) kommentiert Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV):
"Die Entscheidung des Europäischen Parlaments ist eine Entscheidung der Vernunft. Und es ist eine Entscheidung für die Sicherung von Ernte-Qualität und Ernte-Quantität. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Straßburg haben sich leiten lassen von Fakten und einer klaren Folgenabschätzung. Das ist gut so – und ungemein wichtig. Vor allem der Weinbau und der Sonderkulturenbereich mit Obst- und Gemüse-Anbau haben damit weiterhin eine Zukunftsperspektive. Mit der heutigen Entscheidung können die Genossenschaften erst einmal aufatmen."