In einem offenen Brief vom 17.08.2021 an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und an den Vorstandsvorsitzenden der Edeka Markus Mosa monieren ehemalige Angestellte des Edeka-Lagers in Nieder-Olm ihrer Ansicht nach nicht eingehaltene Vereinbarungen. Untenstehend ist der in voller Länge einzusehen.
"Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, sehr geehrter Herr Mosa,
wir, die Mitarbeiter des EDEKA-Lagers in Nieder-Olm, sind vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und von der EDEKA enttäuscht und fühlen uns betrogen.
Ihr Ministerium, Herr Altmaier, erteilte am 9. März 2016 die Ministererlaubnis zur Fusion Kaiser’s Tengelmann/EDEKA. Es wurden damals aufschiebende Bedingungen für die Erteilung der Ministererlaubnis auferlegt, zu denen der Abschluss eines Tarifvertrages gehörte. Nach Erfüllung der Bedingung gingen wir zum 01.01.2017 an EDEKA über.
Danach war es nur noch eine Tortur…
EDEKA hat sich von Anfang an nicht an den Tarifvertrag gehalten!
Arbeiten wurden eingestellt oder an andere Standorte verlagert, Betriebsstrukturen wurden verändert und vereinbarte Konditionen wurden und werden bis heute nicht eingehalten. Man hat uns fast ein ganzes Jahr keine Arbeit gegeben, um uns am langen Arm verhungern zu lassen. Nur zu dem Zweck, dass wir freiwillig das Unternehmen verlassen. Nachdem das nicht gelungen war, wurde die Betriebsstruktur erneut geändert, aber wieder ohne die Beteiligung der Tarifvertragsparteien.
Wo soll das hinführen, wenn geschlossene Tarifverträge von einer der Tarifvertragsparteien so missachtet werden? Wenn sogar das Ministerium, welches den Zusammenschluss von Kaiser‘s Tengelmann und EDEKA von diesem Tarifvertrag abhängig gemacht hatte, wegschaut.
Unsere Enttäuschung ist über den Maßen groß. Wir sind darüber enttäuscht, wie die Bedingungen der Ministererlaubnis von EDEKA umgesetzt und die Einhaltung dieser vom BMWi überwacht werden.
In den letzten 5 Jahren hat unser Betriebsrat mehrfach Verstöße gegen die Ministererlaubnis und die daran geknüpften Bedingungen an das BMWi gemeldet. Ihr Ministerium, Herr Altmaier, hat nichts dagegen unternommen.
Wir hätten uns sehr darüber gefreut, wenn Sie persönlich einer unserer Gesprächseinladungen gefolgt wären oder sich nur einmal zu unseren Problemen persönlich geäußert hätten. Für Ihre Parteikollegen, die laut Medienberichten einfach mal bei Ihnen vorbeikommen und Gesprächstermine für Unternehmen vereinbaren, finden Sie Zeit. Das finden wir nicht fair.
Von Ihren Mitarbeitern bekommt der Betriebsrat, auf telefonische Nachfrage hin mitgeteilt, dass die Anwälte von EDEKA zugesichert hätten, sich an die Nebenbestimmungen und dem Tarifvertrag zu halten.
Die EDEKA wisse, so die BMWi-Mitarbeiter, was erlaubt sei und was nicht. Sorry Herr Altmaier, sich einfach auf die Aussagen der EDEKA-Anwälte zu verlassen, und die Vorwürfe der Arbeitnehmer zu ignorieren, finden wir schon „ein wenig“ parteiisch. Wir haben das Gefühl, dass das BMWi einfach nur das nachplappert, was EDEKA vorgibt. Es haben keine weiteren Überprüfungen stattgefunden, wenigstens ist uns nichts bekannt geworden. Obwohl in der Vergangenheit mehrmals vom Betriebsrat vorgetragen und gestellt, wurde zu den Beschwerden und dem Prüfungsantrag seitens Ihres Ministeriums nicht schriftlich Stellung genommen. Wir hätten von unseren gewählten Vertretern mehr Engagement bei dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der Kontrolle der selbst auferlegten Bedingungen aus der Ministererlaubnis erwartet.
Herr Mosa, Sie in Person haben der Öffentlichkeit damals versprochen, die Arbeitsplätze zu retten und zu sichern. Unser Lager in den EDEKA-Verbund zu integrieren und es nachhaltig so aufzustellen, dass es auch über das Moratorium der Ministererlaubnis hinaus weiterbetrieben werden kann. Heute müssen wir leider enttäuscht feststellen, dass das nur leere Versprechungen waren.
Ihre EDEKA hat uns mitgeteilt, dass unser Lager zum 31. Dezember 2021 stillgelegt wird.
Erst wird der Tarifvertrag immer wieder umgangen und nun soll unser Lager auch noch geschlossen werden. Wo ist die Integration, wo die Nachhaltigkeit? Nichts der Gleichen wurde in den 5 Jahren umgesetzt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, will die EDEKA uns keinerlei Arbeitsplätze in ihren vielen Betrieben in der näheren Umgebung anbieten. Hier werden an vielen Stellen Leiharbeitnehmer beschäftigt, statt uns altgedienten Mitarbeitern eine verdiente Zukunft zu bieten. Um dann aber der Sache noch die Krone aufzusetzen, wird uns von Ihnen für den Verlust des Arbeitsplatzes ein lächerlicher Abfindungsfaktor von 0,3 pro Beschäftigungsjahr angeboten. Eine Enttäuschung jagt die andere, Herr Mosa. Es ist wirklich traurig, wie die EDEKA – als großer Gewinner der Pandemie – mit Ihren Mitarbeitern umgeht.
Wir fordern von Ihnen und Herrn Altmeier eine Aufarbeitung der Situation, die letztlich durch Ihre Umgehung des Tarifvertrages und die Passivität des BMWi verursacht wurde.
Setzten Sie sich mit unserem Betriebsrat in Verbindung und übernehmen Sie Verantwortung für die Beschäftigten vom EDEKA-Lager in Nieder-Olm.
In Erwartung Ihrer Antwort
mit freundlichen Grüßen
Die Mitarbeiter des EDEKA-Lagers in Nieder-Olm, ehemals Kaiser’s Tengelmann-Mitarbeiter
"