Am 9. November lud der Verpackungsspezialist Lorentzen & Sievers zum Fachaustausch nach Hamburg. Referenten des Umweltbundesamtes, Fraunhofer IVV, DSD Grüner Punkt und des Recyclers REMONDIS informierten Vertreter aller Stufen der Fruchtvermarktung über die Themen Recycling und Verpackungsgesetz.
Ein Spülsaummonitoring hat nach Angaben des Umweltbundesamts ergeben, dass 80 bis 85% der Meeresabfälle in Europa aus Kunststoff bestehen. Etwa 50% der an europäischen Stränden gefunden Abfälle sind Einwegkunststoffprodukte, wovon 86% aus Zigarettenfiltern, Lebensmittelbehältern, Flaschen und Tüten, Plastikbechern und -geschirr, Luftballons und deren Stäbe, Wattestäbchen und Hygieneartikel, Süßigkeiten- und Chipsfolien bestehen. Ein neues Verpackungsgesetz und europäische Strategien sollen Umweltbelastungen zukünftig bestmöglich verhindern.
Die veranstaltende Firma Lorentzen & Sievers war auch auf der Expose - die europäische Fachmesse für Spargel und Erdbeeren - vertreten. Hier zeigt Claudia Schuh die nachhaltigen Verpackungsneuheiten des Unternehmens.
Duales System
Nach Angabe des Umweltbundesamtes gibt es derzeit ca. 720.000 Inverkehrbringer von Verpackungen die sich an einem dualen System beteiligen müssen. Die dualen Systeme erheben rund 1,2 Milliarden Euro Beteiligungsentgelte pro Jahr. Da einige Inverkehrbringer ihren rechtlichen Verpflichtungen bisher nicht nachkommen, gibt es eine Unterlizensierungs-Lücke in Höhe von rund 30%, welche mit dem ab Januar 2019 geltenden Verpackungsgesetz geschlossen werden soll. Die größten Potentiale sieht Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt in der Verbesserung des Verpackungsdesign sowie im Ausbau der Verwertungspfade, der Verwertungsinfrastruktur und in der Verbraucherinformation.
Gemäß Erläuterungen von Frau Dr. Ina-Maria Becker vom DSD Der Grüne Punkt sieht das Gesetz regelmäßige Datenmeldungen der Hersteller und der Systeme vor, inklusive entsprechender Vollständigkeitserklärungen und Mengenstromnachweise. Jeder im Rahmen des Verpackungsgesetzes tätige Prüfer muss sich bei der ZVSR im Prüfregister registrieren lassen. Mit Hilfe dieser Daten werden die Marktanteile der dualen Systeme berechnet und eine gerechtere Verteilung der Gelder angestrebt. Die Bemessung der Systembeteiligungsentgelte erfolgt zukünftig nach ökologischen Kriterien. Recyclingfähigkeit sowie die Verwendung von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen werden entsprechend begünstigt.
Recyclingfähigkeit
Ein weiteres Ziel des Verpackungsgesetzes ist die Steigerung der Recyclingquoten. Zur Bemessung der Recyclingfähigkeit werden das Vorhandensein von Sortier- und Verwertungsstrukturen, die Sortierbarkeit sowie das Ausschließen von Unverträglichkeiten betrachtet. Die Bemessung der Recyclingfähigkeit bezieht sich auf das Produkt als Ganzes, beispielsweise inklusive Deckel, Etiketten und Siegelfolie.
Ökoprofile weisen gemäß Dr. Becker nach, dass Produkte aus Rezyklaten deutlich umweltschonender sind als aus Primärrohstoffen. PP-Rezyklate beispielsweise reduzieren nach Angaben des DSD den Treibhauseffekt um 50%, die Prozessenergie um 60%, die Versauerung der Böden um 59% und die Eutrophierung um 79%.
Dr. Frank Welle vom Fraunhofer IVV in Freising vermittelte auf dem Fachaustausch einen tiefen Einblick in die gesetzlichen Vorgaben zur Sicherstellung der Lebensmittelunbedenklichkeit im Einsatz von Rezyklaten. Treten diese als Kunststoffrezyklat in direkten Kontakt mit Lebensmitteln, müssen sie strenge Anforderungen der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, erfüllen.
Rezyklat-Einsatz
Klassische Obst- und Gemüseschalen aus Kunststoff bestehen überwiegend aus PET und werden bereits heute aus bis zu 95% Rezyklat hergestellt. Als Rohstoffquelle erweisen sich hierfür nach Angabe von Dr. Welle PET-Flaschen als besonders geeignet. Aufgrund fehlender Verwertungspfade können diese jedoch bislang nicht in den Werkstoffkreislauf zurückgeführt werden.
Um die strengen Regeln der EFSA zu umgehen, produzieren viele Hersteller Folien-Verpackungen mit Rezyklat hinter einer funktionellen Barriere aus Primärrohstoff, Aluminium oder Laminaten. Um eine Kontamination des Lebensmittels ausschließen zu können, muss laut Dr. Welle beachtet werden, wie diffusiv sich das Material verhält und woher das Input-Material stammt.
Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt: „Trotz abnehmender Einsatzgewichte von Verpackungen gibt es einen kontinuierlichen Anstieg bei Verpackungsabfällen. Deshalb ist es wichtig, unnötige Verpackungen zu vermeiden und die benötigten Verpackungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Verpackungen sollten dabei möglichst recyclingfähig ausgestaltet werden.“
Hochwertiger Wertstoff
Bei Remondis in Hamburg werden aus PET-Flaschen in einer komplexen Prozesskette, bestehend aus Sortierung, Zerkleinerung, Wäsche, Trocknung und erneuter Sortierung, wieder neue PET Flakes als hochwertiger Wertstoff für Lebensmittelverpackungen hergestellt. Philip Asbach von Remondis erläuterte, dass vollflächige Sleeves unterschiedlicher Kunststoffe, Alu-Verbunde, Druckfarben, schwarze Einfärbungen oder nicht ablösbare großflächige Etiketten als massive Störfaktoren wirken können. Bei der Neuentwicklung von Produkten sollten diese deshalb von vornherein vermieden werden.
Typische Endmärkte für R-PET sind Folien (z.B. für Tiefziehprodukte = Obst- und Gemüseschalen), Fasern (z.B. für Fahrzeuge), Preforms (Flaschen) und Umreifungsband. Insgesamt ist der europäische R-PET-Markt gemäß Angabe von Philip Asbach allein in den Jahren 2010 bis 2016 um über 30% gewachsen. In den letzten zwei Jahren hat diese Entwicklung noch einmal einen Sprung nach oben gemacht, woraus sich eine entsprechende Verknappung der Rezyklate mit daraus resultierenden Preissteigerungen ergibt. Aktuell ist aufgrund der Selbstverpflichtung einiger Marktteilnehmer und den Vorgaben der EU hier noch kein Ende in Sicht.
Dr. Frank Welle vom Fraunhofer IVV (l): „PET-Schalen für Obst und Gemüse sind eigentlich eine ideale Anwendung für Rezyklate. Dennoch müssen die Verpackungen die strengen EFSA Kriterien einhalten." Auch Philip Asbach von REMONDIS PET-Recycling GmbH (r) hat eine klare Botschaft: „Die PCR Märkte (speziell PET) verändern sich in naher Zukunft, daher müssen alle entlang der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen sinnvoll zusammenarbeiten. Nur so können die gesteckten Ziele erreicht werden.“
Das von der EU beschlossene Verbot für einige Einweg-Kunststoffprodukte und die Verpflichtung aller EU-Länder, bis zum Jahr 2025 PET-Flaschen getrennt zu sammeln und zu mindestens 90% zu recyceln, wird den Aufbau europaweiter Flaschen-Pfand-Systeme zur Folge haben. Perspektivisch wird es damit zu mehr sauberer PET-Ballenware und zu einem vermehrten PET-Recycling kommen. Trotzdem wird nach Angabe von Remondis in den nächsten Jahren eine R-PET-Unterdeckung von mehr als 500.000 Tonnen pro Jahr erwartet.
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