Mit KI vorhersagen, wann welche Mengen verfügbar sein werden. Das klingt wie Zukunftsmusik, aber die belgische Firma Möbius hat dafür, zunächst für die Coöperatie Hoogstraten, eine Lösung entwickelt. „Als Händler muss man jede Woche entscheiden, wie viel man bewirbt, wann man Kampagnen startet und wie viel Lagerbestand man hält. Durch die Kombination verschiedener Datenquellen haben wir ein KI-Modell entwickelt, das die Gesamtmengen recht genau vorhersagen kann: Tage, Wochen und sogar Monate im Voraus", sagen Cynthia Hadinoto und Jonathan Aelterman von Möbius.
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Für die Umsetzung bei der Coöperatie Hoogstraten wurden dabei speziell Erdbeeren betrachtet, aber das Unternehmen betont, dass dies auch bei vielen anderen Produkten möglich ist. „Wenn wir über Erdbeeren sprechen, reden wir nicht nur über eine der empfindlichsten und wertvollsten Kulturen, sondern auch über eine der unvorhersehbarsten", sagt Jonathan. „Vorhersehbarkeit ist hier das Schlüsselwort. Bei Erdbeeren schwanken die Produktionsmengen pro Jahr stark: Es gibt Höhen und Tiefen, und jedes Jahr ist anders. Außerdem wird es immer schwieriger, zuverlässige Vorhersagen zu treffen. Kleine Unterschiede im Wetter haben einen großen Einfluss auf den Ertrag. Und weil Erdbeeren nur kurz haltbar sind, ist es wichtig, eine gute Vorstellung davon zu haben, was man erwarten kann."
„Wenn man den Ertrag unterschätzt, hat man Überkapazität und Preisrückgang. Wenn man ihn überschätzt, läuft man Gefahr, dass die Regale leer bleiben und Umsatz verloren geht. Es dreht sich also alles um Vorhersagbarkeit. Die zentrale Frage war daher: Was wäre, wenn man das Unvorhersehbare doch vorhersagen könnte? Und hier kommen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen ins Spiel."
KI als Hilfsmittel
Cynthia ergänzt: „Durch die Kombination verschiedener interner und externer Datenquellen haben wir ein KI-Modell entwickelt, das die Gesamtmengen recht genau vorhersagen kann. Angenommen, man ist für die kommerzielle Planung verantwortlich. Traditionell basieren Werbeaktionen oder geplante Lagerbestände in der Branche auf Zahlen aus dem Vorjahr oder auf Bauchgefühl, aber Wetterbedingungen, Ernteerträge und Marktdynamik ändern sich ständig. Ein KI-System kann all diese Infos zusammenführen und täglich aktualisieren, sodass Entscheidungen auf der aktuellsten Realität basieren. Maschinelles Lernen nutzt historische Daten, um Muster zu erkennen und die Zukunft vorherzusagen. Das Modell lernt ständig dazu, wodurch die Genauigkeit immer weiter zunimmt."
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So hat Möbius das Modell auch aufgebaut. „Alles beginnt in diesem Fall mit Zeitreihendaten. Wir nutzen historische Daten (wie Produktionsmengen, Pflanzenarten und Anbaumethoden), aber auch externe Quellen wie Wetterdaten, Sonneneinstrahlung und Temperatur. Auf dieser Grundlage erstellen wir Hunderte von abgeleiteten Zeitreihen, was letztendlich mehr als 500 Eingabevariablen ergibt. Man kann sich das wie 500 Hinweise in einem Rätsel vorstellen. Einige sind deutlich, andere weniger. Das Modell lernt, welche Signale wann am wichtigsten sind. Um das Modell zu optimieren, nutzen wir genetische Algorithmen. Das System testet Strategien, wählt die besten aus und verbessert sich mit jeder Wiederholung. Das Ergebnis ist ein Modell, das immer genauere Vorhersagen trifft, bis die prognostizierte Linie fast mit der Realität übereinstimmt."
Eine Wetter-App, aber dann für die Unternehmensführung
„Mit der Zeit generiert das Modell Prognosen für bis zu sieben Wochen im Voraus, die täglich mit den neuesten Daten aktualisiert werden. Man kann das mit einer Wetter-App vergleichen, aber dann für die Unternehmensführung", fährt Jonathan fort. „Seit April läuft das System live bei der Coöperatie Hoogstraten, und die Ergebnisse sind vielversprechend. Je nach Zeitraum erreicht das Modell eine Genauigkeit von rund 90 %. Ein Beispiel: Im Mai prognostizierte das Modell einen starken Produktionsanstieg. Hoogstraten reagierte darauf, indem es rechtzeitig eine Werbeaktion mit einem großen Einzelhändler startete. Dank dieser Aktion konnten sie zehnmal mehr verkaufen als in einer normalen Woche, und das zu einem Preis, der 50 % über dem durchschnittlichen Marktpreis lag. Eine Win-win-Situation für Erzeuger und Handel. Das zeigt, dass künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen einen echten Mehrwert für den Gartenbau bieten kann, sowohl für große als auch für kleinere Erzeuger."
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Cynthia Hadinoto / Jonathan Aelterman
Möbius 
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