Generell sei in der Branche eine starke Zurückhaltung und Verunsicherung zu spüren, sagt Frank Schuh, Geschäftsführer des Verpackungsunternehmens Lorentzen & Sievers, im Messeresümee zur Fruit Logistica 2025. "Ein neues europäisches Gesetz, in dem noch viele Unklarheiten bestehen, schwierige wirtschaftliche und politische Umstände, eine erneute Diskussion über steigende Mindestlöhne, noch immer zunehmende Bürokratie und Regularien, wurden in meinen Gesprächen als die stärksten Hemmnisse genannt. Die Leute sind "müde" aufgrund dieser immer gleichen Themen und wünschen sich vor allem von den politischen Amtsträgern eine Rückkehr zu einem klaren Bekenntnis zum Standort Deutschland und Planungssicherheit. Das zeichnet die Branche dann aus meiner Sicht aber auch aus. Trotz all dieser herausfordernden, nicht enden wollenden Aufgabenstellungen hatten wir einen Besucherrekord und haben viele interessante Ideen und Projekte gesehen. Unsere Branche tritt an, lässt sich nicht unterkriegen und richtet den Blick positiv nach vorn."
Noch immer werden sehr viele faserbasierte Alternativen angefragt, aber die Informationstiefe und Professionalität haben deutlich zugenommen, fährt Schuh fort. "Wir verzeichnen wieder einen leichten Anstieg in der Nachfrage unserer Kunststoffschalen aus R-PET. Dadurch, dass wir sowohl den Einsatz von über 90 Prozent Rezyklat als auch die Recyclingfähigkeit unserer R-PET Schalen zertifiziert nachweisen können, hat sich das Bewusstsein im Sinne der Kreislaufwirtschaft gewandelt. Sobald die Europäische Kommission ihre letzten Definitionen festlegt und das deutsche Verpackungsgesetz sich an die Vorgaben der PPWR angepasst hat, werden wir diese Vorteile auch dem Verbraucher verdeutlichen können. Parallel investiert die Recycling-Industrie in die mechanische Aufbereitung von PET-Schalen, sodass wir in Bezug auf die Akzeptanz unserer R-PET Schalen sehr zuversichtlich sind."
Claudia und Frank Schuh stehen gemeinsam am Ruder des Unternehmens Lorentzen & Sievers. Seit nunmehr einem Jahr ist die Firma Teil der Prodinger-Gruppe.
Ausnahmeliste
Kunststoff-Verpackungen für Obst und Gemüse sollen bis zu einem Packungsgewicht von unter 1,5 kg komplett verboten werden – mit noch festzulegenden Ausnahmen. Schuh: "Im Moment entnehmen wir den Gesprächen, die wir auf der Fruit Logistica geführt haben, dass der Lebensmitteleinzelhandel nicht bis Anfang 2027 warten wird. So lange hat die EU-Kommission nämlich Zeit, diese sogenannte Ausnahmeliste zu veröffentlichen. Hinter der PPWR steht ja nicht nur ein Gesetz, sondern eine Vision und eine Mission. Es scheint so, als ob derzeit die Lieferketten einmal auf links gedreht werden. Welche Anforderungen hat das Produkt, wo wird es angebaut und verpackt, welche Transportwege sind zu überstehen, wie vermitteln wir die Botschaft an den Käufer und Konsumenten? Ich denke, dass sich sehr vieles verändern wird in den nächsten drei Jahren. Die Primärverpackung stellt ja nur ein Element dar. Dadurch, dass wir auch die Transportverpackungen in unserem Portfolio haben, können wir die gesamte Lieferkette neu konzipieren. Unverpackt ist eben nicht unverpackt – und Papier ist nicht gleich Papier."
Während der Fruit Logistica war Lorentzen & Sievers ebenfalls auf dem Stand des R-PET Schalenherstellers und langjährigen Partners Infia aus Italien vertreten. "Bis vor zwei Jahren hatten wir einen gemeinsamen Stand. Aber wir wachsen, haben uns der PRODINGER Organisation angeschlossen und Infia gehört seit einigen Jahren zu Klöckner Pentaplast. Das könnte zur Verwirrung führen. So sind wir bereits 2024 mit einem kleinen Stand dichter an unsere Kern-Zielgruppe in die sogenannte 'Deutschlandhalle' gezogen. Aber die enge, fast familiäre Partnerschaft besteht nach wie vor und Auszubildende und Angestellte der Prodinger Verpackung aus Coburg haben den kompletten Service auf beiden Ständen mit Bravour bestritten."
Gemeinsame Herangehensweise
Es gibt mehrere prägende Fragen, die den Sektor zurzeit beschäftigen und weiterhin beschäftigen werden, bestätigt Schuh abschließend. "Schon länger stelle ich mir die Frage, wann wir uns einmal wieder auch anderen Themen widmen. In all den Diskussionen kommen mir der Klimawandel und die darauf zu findenden Antworten zu kurz. Auch, dass immer noch viel zu viele Lebensmittel verderben, hat aus meiner Sicht nicht den Stellenwert, den dieses Thema haben sollte. Generell würde ich es begrüßen, wenn wir die Verbotsdiskussionen beenden und zu einer gemeinsamen Herangehensweise kommen, wie wir unsere Welt positiv gestalten wollen."
Weitere Informationen:
https://www.lorentzen-sievers.de/