Nach Jahren gleichbleibender Produktion steigt die niederländische Produktion von Erdwärme im Jahr 2024 wieder an. Das ist auch dringend nötig, so der Branchenverband Geothermie Nederland bei der Veröffentlichung der Zahlen. Um das Ziel von 40 bis 50 PJ (Petajoule) im Jahr 2035 zu erreichen, ist noch ein enormer Aufholbedarf nötig. Im Jahr 2024 wurden 7,9 PJ an geothermischer Wärme produziert.
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit eines raschen Wachstums des Geothermiesektors ist die Nachricht, dass Shell sich aus Geothermieprojekten in den Niederlanden zurückzieht, bemerkenswert. Die wohlhabende Partei ist an mehreren Projekten beteiligt.
Hans Bolscher, Vorsitzender von Geothermie Nederland, erwartet in einer Reaktion am Montagnachmittag nicht, dass der Rückzug von Shell aus Geothermieprojekten irgendwelche Auswirkungen auf die Zahlen der geothermischen Wärmeproduktion haben wird. Er verwies ferner auf Shell. Das Unternehmen wurde um eine weitere Erklärung für seine auffällige Entscheidung gebeten Shell war nicht nur an mehreren Projekten beteiligt, sondern auch an einigen in der Entwicklung befindlichen Projekten. So hat die Geothermie Rheinland bereits angekündigt, dass sie nach einem Ersatz für Shell sucht.
Konkurrenz durch KWK
Bolscher verweilt lieber bei den Produktionszahlen für 2024, die zeigen, dass die Geothermie für den Unterglasgartenbau auch im vergangenen Jahr interessanter war als die KWK-Nutzung. Er weist auch gerne darauf hin, was auf politischer Ebene getan werden muss, um die dringend benötigte Beschleunigung der geothermischen Entwicklung in den Niederlanden zu erreichen.
"Wir sehen eine zunehmende Unterstützung für die Geothermie. Dies ist zum Teil auf den ständig wachsenden Bedarf an erschwinglicher, nachhaltiger Gemeinschaftswärme, den Wunsch, die Abhängigkeit vom Ausland zu verringern, und die Notwendigkeit, die Überlastung der Netze zu bekämpfen, zurückzuführen. Diese starke Unterstützung schlägt sich jedoch noch nicht ausreichend in einem schnellen Wachstum nieder. Es müssen bald mehr neue geothermische Produktionsanlagen hinzukommen, um das Potenzial für erschwingliche, nachhaltige Wärme aus heimischen Böden zu nutzen."
Mehr Vorhersehbarkeit, weniger Risiko
Die Branche hält an dem Ziel von 40 bis 50 PJ als entscheidenden Zielpunkt für 2035 fest. "In der weiteren Zukunft können sogar etwa 25 Prozent des gesamten niederländischen Wärmebedarfs nachhaltig durch Geothermie gedeckt werden, im Gewächshausgartenbau sind es sogar 50 Prozent."
Ihm fällt auf, dass die Gewächshausunternehmer einem gewissen Risiko nicht abgeneigt sind. In den Niederlanden waren es auch die Gewächshaus-Gartenbaubetriebe, die die ersten Projekte realisiert haben. Noch immer laufen die meisten Projekte für den Unterglasgartenbau, trotz der starken Konkurrenz durch die KWK. "Bei hohen Strompreisen hat die KWK einen Vorteil. Bei normalen Energiepreisen ist es die Geothermie." Laut Bolscher lässt sich an den Produktionszahlen ablesen, dass die Geothermie 2024 für die Erzeuger wieder interessanter war als in den Vorjahren.
Dennoch gibt es noch einiges zu tun. "Die bahnbrechenden Maßnahmen, die wir als Branche vorgeschlagen haben, sind noch nicht umgesetzt worden. Ein kürzeres und vorhersehbares Genehmigungsverfahren ist entscheidend. Wir setzen uns auch für eine Überarbeitung des Subventionssystems ein. Ein besser geeignetes Finanzierungsinstrument wird zu einer schnelleren Realisierung von Projekten führen."
Der Vorsitzende des Branchenverbandes der Geothermieunternehmen sieht viel Unterstützung bei Unternehmen, Bürgern und auch in der Politik. Ein zentraler Verbesserungspunkt, um noch mehr Geothermieprojekte zu realisieren, ist die Berechenbarkeit. "Die Lizenzvergabe muss zum Beispiel berechenbarer werden. Nicht einfacher oder weniger streng, denn Sicherheit ist wichtig, aber berechenbarer."
Ungewissheit ist ein Teil der Geothermie, das weiß er, denn das gehört dazu, wenn man in den Boden bohrt. "Aber jetzt gibt es auch viele finanzielle Risiken, beispielsweise durch die derzeitige Ausgestaltung der SDE-Förderung in den Niederlanden. Das bringt zusätzliche Unsicherheit für Unternehmen, die in die Geothermie investieren."
Es gibt auch einige Risiken, auf die die Unternehmer keinen Einfluss haben, wie die Entwicklung der Gaspreise und die Inflation. "Das sind externe Faktoren mit großen Auswirkungen. Sie machen den Business Case unsicher, und diese Unsicherheit spiegelt sich nun im Preis für Geothermie wider."
Produktionszahlen 2024
In den Niederlanden gibt es 28 geothermische Standorte mit insgesamt 42 geothermischen Produktionsbohrungen. Im Jahr 2024 produzierten 28 Förderbohrungen geothermische Wärme. Es gibt acht neue Bohrungen, die noch nicht produzieren, und sechs Bohrungen, die derzeit nicht aktiv sind.
Im Jahr 2024 hat der Anteil der geothermischen Wärme in den Niederlanden 426.000 Tonnen weniger CO₂-Emissionen verursacht. Die geothermische Wärmeproduktion im Jahr 2024 stieg im Vergleich zu 2023 und 2022 um über 16 Prozent (von 6,8 auf 7,9 PJ pro Jahr).
Der Anstieg ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ein großer Teil der Bohrungen mehr produziert hat als im Vorjahr. Dies ist auf die höhere Nachfrage der Kunden und weniger wartungsbedingte Ausfallzeiten zurückzuführen. Außerdem gibt es drei neue Produktionsbohrungen, die bereits produzieren, obwohl sie sich noch in der Anlaufphase befinden. Im kommenden Jahr werden sich diese neuen Bohrungen stärker auf die Produktionszahlen auswirken.
Dennoch sieht Bolscher die Notwendigkeit einer weiteren Beschleunigung. Der Gewächshausgartenbau arbeitet viel mit Geothermie. Projekte in der bebauten Umwelt kommen nur schwer zustande. Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit Wärmenetzen (und dem Wärmegesetz) bremsen derzeit Investitionen in die Geothermie. Die Unmöglichkeit, einen Anschluss an das Stromnetz zu erhalten, führt ebenfalls zu Verzögerungen bei neuen Projekten.
Shell
Die Folgen des Ausstiegs von Shell bleiben ein Mysterium, ebenso wie die Ursachen. Shell selbst erklärt in einer Mitteilung, dass es seine Rolle bei Geothermieprojekten in den Niederlanden aufgibt. "Wir werden in der kommenden Zeit Gespräche mit unseren Partnern in den verschiedenen Projekten führen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Dabei werden wir nach geeigneten Lösungen für die einzelnen Projekte und Lizenzen suchen."
Am Dienstagmorgen beantwortete Shell weitere Fragen. Daraus ging hervor, dass das Unternehmen Möglichkeiten für Wärmenetze mit einer geothermischen Quelle sieht. Keine Antwort gab es auf die Frage, ob Shell die Geothermie wegen der hohen finanziellen Risiken aufgibt.
Indexfoto: Besuch beim Geothermieprojekt Trias Westland
Weitere Informationen:
Geothermie Nederland
[email protected]
www.geothermie.nl/