Der Klimawandel, die Inflation, die gesellschaftliche Stimmung in Bezug auf Exotenimporte - der globale Exotenmarkt steht vor Herausforderungen. Nicht alle davon wurden gestern auf dem Global Tropicals Congress in Den Haag gelöst, aber es wurden Lösungen vorgestellt. Rund 200 Teilnehmende aus 23 Ländern waren bei dieser neuen Veranstaltung von Fruitnet anwesend.
Den Auftakt bildete Cindy van Rijswick von der Rabobank. Sie begann mit der guten Nachricht, dass sich die Seefrachtkosten wieder normalisiert haben. Gleichzeitig sind die Obstmengen aber auch wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Krise. Die Obstkäufe im europäischen Einzelhandel haben noch nicht wieder das Niveau von vor 2020 erreicht, wobei die Niederlande einen positiven Ausreißer darstellen. Auch die Verkäufe im Foodservice haben sich erholt.
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Cindy van Rijswick (Rabobank) und Charles-Henri Deprez (Greenyard)
Der Avocado-Markt kann getrost als die Erfolgsnummer unter den Exoten bezeichnet werden, die in den letzten zehn Jahren ein extremes Wachstum verzeichnete. Cindy zufolge tritt der Markt nun in eine neue Phase ein, in der weitere Erzeugerländer wie Marokko, Kolumbien und Afrika hinzukommen werden. Nordamerika und Europa sind bei Weitem die wichtigsten Absatzmärkte für Avocados. Asien hatte hohe Erwartungen, aber der Avocadoabsatz stagnierte dort in den letzten fünf Jahren.
Der Mangomarkt wächst ebenfalls schnell, aber hier schwankt der Verbrauch von Jahr zu Jahr stark. Außerdem ist die Beschaffung von gleichbleibender Qualität und Quantität eine große Herausforderung auf dem Mangomarkt. Auf dem Ananasmarkt gab es 2022 Anzeichen für eine Preiserholung, die nach Ansicht der Rabobank-Analystin aber auch dringend notwendig war. In der Tat ist der Ananasmarkt in Europa seit Jahren nicht mehr gewachsen, sodass er sich neu aufstellen muss.
Darin liegt laut Cindy - sie verweist auf die Drachenfrucht, die sie mit einem Löffel in die Lunchbox ihres Sohnes legt - das Ergebnis. "Die Kommodifizierung ist eine der größten Bedrohungen für diese Branche. Die Branche ist besser dran, wenn sie sich auf das Aussehen, die Qualität, den Geschmack und die Nachhaltigkeit tropischer Früchte konzentriert, als auf den Preis und die Menge, trotz der derzeit schwierigen Zeiten. Wenn man als Ware angesehen wird, ist es schwer, dem zu entkommen. Aber mit exotischen Früchten kann man die Show stehlen."
Olympic Fruit hat im vergangenen Sommer umfangreiche Marktforschungen durchgeführt. Vertriebs- und Marketingleiter Desmond Jas erläuterte die Ergebnisse in seiner Präsentation. Die Untersuchung ergab, dass die Verbraucher Obst hauptsächlich essen, weil es gesund ist und um sich bis zur nächsten Mahlzeit satt zu fühlen. Der Snack-Moment - der derzeit nur elf Prozent des Obstkonsums ausmacht - eignet sich laut Jas am besten, um den Verbrauch exotischer Früchte zu steigern. Derzeit ist noch keine exotische Frucht unter den fünf am häufigsten als Snack verzehrten Früchten (Äpfel, Bananen, Trauben, Clementinen, Erdbeeren).
Desmond Jas (Olympic Fruit)
Die Inflation hatte die notwendigen Auswirkungen auf den Absatz exotischer Früchte. Maria Wieloch vom schwedischen Einzelhändler ICA sagte, dass der Absatz von tropischen Früchten mit einem relativ niedrigen Preis wie Limetten und Passionsfrüchten gleich geblieben sei. Der Category Managerin zufolge kann man in Zeiten des Preisdrucks nicht immer das Gleiche tun. Der Einzelhändler entschied sich beispielsweise dafür, Passionsfrüchte im Molkereiregal zu positionieren. Auch Kampagnen, z. B. über eine Plattform wie Tiktok, werden für den Obstkauf immer entscheidender.
Aufmerksamkeit wurde auch den Arbeitsbedingungen der Arbeiter in den Packstationen gewidmet. In der Kette wächst die Einsicht, dass die Verbesserung dieser Arbeitsbedingungen in der gemeinsamen Verantwortung liegt. Simon Derrick von Blue Skies - einem der größten Arbeitgeber in Ghana - gab zum Beispiel einen Einblick, wie gute Arbeitsbedingungen den Gewinn steigern können.
Stephan Schneider mit seinen ehemaligen Kollegen Leon Blaak und Edwin Fillekes von HillFresh
Auch in den Vorträgen von Xavier Roussel von Dole und Johnathan Sutton von Westfalia ging es um nachhaltige Herausforderungen. Dem Dole-Sprecher zufolge ist es bei der Bewältigung dieser Herausforderungen wichtig, sich mit anderen Plattformen und NGOs außerhalb des Sektors zusammenzuschließen. "Nichts ist unmöglich, aber nicht alles kann heute gelöst werden", sagte er.
Als Beispiel zeigte Westfalia, dass es durch Sprühanwendungen den Wasserverbrauch für den Anbau eines Kilos Avocados bereits auf 250-550 reduziert hat, je nach Anbaugebiet. Auch bei der Umstellung auf regenerative Landwirtschaft kann viel gewonnen werden, argumentierte Lieselot van der Veken von Pro Terra Agro. "Mikrobiologie ist der Schlüssel zum Leben", sagte sie.
Auch mithilfe von Technologie können Gewinne erzielt werden. Tineke van de Voorde vom Hafen Antwerpen und Brügge - der 2022 520.000 Tonnen konventionelle und 950 Kühlcontainer mit verderblichen Waren umgeschlagen hat - hielt beispielsweise einen Vortrag über die neue App-Technologie, die der Hafen einsetzt, um seinen Kunden u. a.über ein Terminal-Tool Informationen in Echtzeit zu liefern.
Lieve Michielsen und Joep Jongmans von Special Fruit
Roland Wirth von Frigotec erläuterte das revolutionäre Softripe-System, das die Reifung von exotischen Früchten auf eine neue Stufe stellt. Das System reift auf der Grundlage künstlicher Intelligenz (AI) unter kontrollierter Atmosphäre. Bei einer kürzeren Reifezeit (drei Tage für Avocados) führt das zu einer Reduzierung von Verlusten und Reklamationen. Laut Wirth wird das Sofripe-System in Europa bereits sehr geschätzt und soll nun auch auf anderen Kontinenten zum Einsatz kommen. Gewichtsverlust ist auch das, was Citrosol mit seiner Beschichtung bekämpfen will. Benito Orihuel gab an, dass durch die Beschichtung bis zu 955 Kilo Avocados pro Container eingespart werden. Auch bei Limetten sind die Ergebnisse vielversprechend.
Das Qualitätsmanagement bei Mangos - die immer noch von einer Vielzahl kleinerer Erzeuger stammen - ist eine Herausforderung. KI-gestützte Software kann dabei helfen, Qualitätsrisiken zu kontrollieren und Unwägbarkeiten zu bewältigen, erklärten Joep Jongmans von Special Fruit und Daria Reisch von Agrinorm den Anwesenden. "Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Fähigkeit der Unternehmen, zusammenzuarbeiten und Informationen untereinander auszutauschen. Ein Erzeuger muss wissen, welche Sorte am besten gedeiht, damit er im nächsten Jahr mehr davon anbauen kann. Und ein Händler muss wissen, ob es auf dem Feld geregnet hat, damit er die Haltbarkeit vorhersagen kann und weiß, wie er den richtigen Absatzweg wählen muss."
Neben den größeren exotischen Produkten hatten auch neue Produkte und Lieferanten die Gelegenheit, ihre Erzeugnisse vorzustellen. So hielt Kaushal Khakhar von Kay Bee Exports einen Vortrag über das große Potenzial Indiens als Obstproduzent und -exporteur. Das Unternehmen verschickt rund 8.000 Tonnen Obst und Gemüse per Luftfracht. Granatapfel(kerne) und Mangos sind die wichtigsten Produkte, aber auch Chico-Früchte, Guaven und Kokosnüsse werden von dem Unternehmen mit 800 Hektar eigenem Anbau und 1.200 Hektar Vertragsanbau auf dem Weltmarkt vermarktet.
Auf den Kanarischen Inseln werden auch zunehmend exotische Früchte angebaut. Auf den Bananensektor beispielsweise entfallen 12.000 Arbeitsplätze, so Clara Chico von Asprocan. Kanarische Bananen haben eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Seit einiger Zeit sind die kanarischen Bananen auf dem spanischen Markt gut vertreten, werden aber inzwischen auch von Einzelhändlern in Frankreich, der Schweiz, Belgien und Marokko vermarktet.
Auch spanische Papayas sind im Kommen. Ein Vorteil, so Jorge Igancio Brotons von Bonnysa, denn das Produkt hat einen fünfmal geringeren Fußabdruck als Papayas aus Übersee. Derzeit verbraucht Europa 30 Prozent aller weltweit angebauten Papayas, wobei 4,7 Prozent davon aus eigener Produktion stammen. Mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch pro Haushalt von 0,56 kg in Spanien und 0,13 kg in der EU ist der Verbrauch zwar immer noch gering, aber Papayas verzeichnen in der EU ein jährliches Wachstum von etwa drei Prozent und sind inzwischen die viertgrößte tropische Frucht, was den Verbrauch angeht.
Peter Bouman vom FMI gab einen Einblick in den Limettenmarkt, dazu an anderer Stelle mehr. Abschließend gab Charles-Henri Deprez von Greenyard einen Ausblick auf den Markt für exotische Früchte. Er wies darauf hin, dass der Erfolg von Avocados in der Standardisierung liegt. Die Kunden wissen das ganze Jahr über, was sie erwarten können. Dies ist bei Mangos noch nicht der Fall. Eine Lösung könnte darin bestehen, sich stärker auf Veranstaltungen zu konzentrieren, bei denen Mangos stark beworben werden, wenn sie von guter Qualität und Verfügbarkeit sind. Nach Ansicht von Deprez junior wird dies zu mehr Wiederholungskäufen führen, und die Verbraucher werden nicht enttäuscht sein.