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"Gefährlicher Abschied" oder doch "ein guter Tag"

Die Branche reagiert auf den Vorschlag der EU-Kommission zu genomischen Techniken

Der gestrige Vorschlag der Kommission zu Pflanzen, die mit bestimmten neuen genomischen Techniken erzeugt wurden, wurde in der Branche sehr unterschiedlich aufgenommen.

"Modernisierung des Gentechnikrechts wichtige Weichenstellung für resiliente Landwirtschaft"
Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) begrüßt die praxistauglichere Ausrichtung von der Europäischen Kommission veröffentlichten Vorschlags zur Modernisierung des Gentechnikrechts. Während sich die bestehende Regulierung für die Gentechnik der 1970er-Jahre als wissenschaftlich ungeeignet für neue Züchtungsverfahren (NGT) erwiesen hat, sieht der neue Vorschlag eine praxistauglichere Regulierung für NGT-Saatgut vor.

Frank Gemmer, Hauptgeschäftsführer des IVA: "Wir brauchen die nobelpreisgekrönte Genschere auch für eine resiliente Landwirtschaft in Europa. Die EU hat die Chancen erkannt und eine wichtige Weichenstellung vorgeschlagen. Bei aller Kritik im Detail – die Richtung stimmt. Europa folgt dem internationalen Vorbild und behandelt NGTs nicht mehr unsachgemäß. Jetzt gilt es, den Entwurf auf seine Praxistauglichkeit zu prüfen und im Dialog eine wettbewerbsfähige Regulierung für Züchtende jedweder Größe zu entwickeln, die gleichzeitig die Sicherheit für Mensch, Tier und Umwelt sicherstellt."

Mit neuen Züchtungstechnologien lassen sich die benötigten robusteren Pflanzen schneller und zielgenauer züchten, um die ambitionierten Klima-, Umwelt- und Ertragsziele schneller zu erreichen. In Deutschland benötigen wir hitze- und krankheitsresistente Pflanzen für sich wandelnde klimatische Bedingungen und zur geforderten Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Aufgrund des restriktiven Gentechnikrechts werden die Chancen der Biotechnologie bis heute nur von Landwirtinnen und Landwirten außerhalb der EU genutzt.

"Damit sich dies zukünftig ändert, modernes Saatgut den landwirtschaftlichen Betrieben auch hier zur Verfügung steht und die heimische Saatgut-Branche samt Forschung und Entwicklung international wettbewerbsfähig bleibt, benötigt Europa eine innovationsfreundliche Regulierung. Dafür ist es entscheidend, dass im Zulassungsprozess eine streng naturwissenschaftliche Risikobewertung des Produkts vorgenommen wird und nicht die Herstellungsmethode im Vordergrund steht", betont Gemmer. Da bei der Nutzung der sogenannten "Genschere" natürliche Evolutions-Prozesse imitiert und zielgerichtet vereinzelte Mutationen ausgelöst werden, sind diese Pflanzen genauso sicher wie herkömmlich gezüchtete oder in der freien Natur vorkommende Sorten.

"Gefährlicher Abschied vom Vorsorgeprinzip"
Bioland- und IFOAM Organics Europe-Präsident Jan Plagge kommentiert den Entwurf der EU-Kommission hingegen so: "Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung: Diese wichtigen Instrumente des Gentechnikrechts gibt die EU-Kommission auf, zugunsten eines laschen Regelwerks, das vor allem den Agrochemie-Konzernen gefallen dürfte. Denn für sie wird es künftig deutlich leichter, genomeditierte Pflanzen auf den Markt zu werfen, in vielen Fällen ganz ohne einen vorherigen – aus ihrer Sicht sicher lästigen – Prozess, der die Gefahren abschätzt. Das ist für die EU eine Zäsur und der gefährliche Abschied vom lange gelebten Vorsorgeprinzip."

"Dass die großen Saatgut-Unternehmen sich künftig massenweise neue Patente auf Pflanzeneigenschaften sichern können, ist für sie so etwas wie die vergoldete Kirsche auf der Sahnetorte. Die Strategie ist durchschaubar: Unternehmen nutzen Pflanzeneigenschaften aus der Natur und bauen diese nach, um sie als technische Erfindung patentieren zu können. Der heute vorgelegte Entwurf ebnet insofern den Weg für eine Flut an Patenten, auch auf klassisch gezüchtete Pflanzen. Denn von einer Anpassung des Patentrechts, die diese Praxis verhindern könnte, ist bislang überhaupt nicht die Rede."

"Den vielen europäischen Verbraucher*innen, die Gentechnik kritisch sehen, sollen künftig die Augen verbunden werden. Denn verpflichtende Gentechnik-Kennzeichnungen entfallen nach dem Entwurf für viele Endprodukte. Auch das wird die Saatgut-Konzerne freuen, denn was nicht gern gesehen oder in dem Fall gegessen wird, das versteckt man lieber."

"Ein guter Tag für Europa!"
"Die Europäische Kommission will den Weg für Pflanzen freimachen, die mit modernen Verfahren der Genomeditierung entstehen. Das ist ein Meilenstein der europäischen Agrarpolitik und ein guter Tag für Europa", würdigt Dr. Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes e.V. (DRV), den vorgelegten Verordnungsvorschlag.

Durch Genomeditierung werden Pflanzen in nie dagewesener Präzision und Transparenz gezüchtet, deren Potenzial überragend ist: von Resistenzen gegenüber klimatischem Stress wie Hitze und Trockenheit über höhere Erträge bis zu optimierten Nährstoffzusammensetzungen. Die Pflanzen sind ein wichtiges Werkzeug, um die Nachhaltigkeitsziele des "European Green Deal" zu erreichen.

"Die Ausrichtung des europäischen Gentechnikrechts am weltweiten Stand der Wissenschaft ist überfällig", so Dr. Ehlers weiter. "Ungerichtete und rein auf Zufall setzende Verfahren der Mutationszüchtung sind bereits von den Gentechnik-Regelungen befreit. Pflanzen daraus sind in der breiten Anwendung. Deshalb gibt es keinen Grund, die überlegenen Verfahren der Präzisionszüchtung im Regelungskorsett zu belassen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie Europa in diesem Aufbruch unterstützt."

"Kommission tritt Umwelt- und Verbraucherschutz mit Füßen"
Den offiziellen Gesetzentwurf (Legislativvorschlag) der EU-Kommission kommentiert BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres:
“Die EU-Kommission lässt sich von der Gentechnik-Lobby den Kurs diktieren und ignoriert damit die Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie die Bedürfnisse von Züchtung, Bauernhöfen und Unternehmen in Verarbeitung und Handel. Die willkürliche Abschaffung jeglicher Risikoprüfung für die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen widerspricht der Wissenschaft und dem Vorsorgeprinzip als zentralem Eckpfeiler des europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzrechts."

"Gentechnik widerspricht den Grundprinzipien von Bio. Die Kommission hat die klare Position der Bio-Bewegung erkannt, auch künftig bleibt Gentechnik in der ökologischen Produktion ausgeschlossen. Weil die Kommission aber die Pflicht zur durchgängigen Kennzeichnung gentechnisch manipulierter Pflanzen und Produkte von der Züchtung bis zum Endprodukt abschaffen will, bürdet sie die hohen Kosten für die Verhinderung von Gentechnik-Verunreinigungen vollständig der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft auf. Damit wird das Verursacherprinzip auf den Kopf gestellt. Auch die bewährten Haftungsregeln für Schäden durch Gentechnik-Pflanzen in Deutschland stehen durch den Vorschlag der EU-Kommission in Frage. Es soll auch keine EU-weit gültigen Vorgaben für Schutzmaßnahmen der Gentechnik-Anwender gegen derartige Kontaminationen geben, diese Verantwortung wird komplett auf die EU-Mitgliedstaaten abgeschoben. Gleichzeitig wird mit dem Gesetzentwurf deren Souveränität untergraben: Deutschland oder auch die Bundesländer sollen die Freisetzung neuer Gentechnik-Organismen nicht mehr unterbinden dürfen."

Tina Andres weiter: "Neue Gentechnik ist vor allem das Werkzeug zur Patentierung von Pflanzen und damit zur Schaffung neuer Abhängigkeiten der gesamten Lebensmittelwirtschaft von den Gentechnik-Konzernen. Diese Problematik wird trotz klarer Warnungen aller relevanten Verbände von der EU-Kommission ignoriert. Für die Bewältigung von Klimakrise und Artensterben brauchen wir eine grundlegende Transformation von Lebensmittelproduktion und Ernährung, keine unerfüllbaren Technologie-Heilsversprechen. Leitbild dafür ist Bio."

"Nachdem die EU-Kommission sich heute endgültig als willfähriger Erfüllungsgehilfe der Gentechnik-Lobby geoutet hat, sind jetzt die Mitglieder des Europaparlaments und die Bundesregierung gefordert, ihrer vom Bundesverfassungsgericht betonten „besonderen Verantwortung“ bei der Gentechnik-Regulierung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern und unserer Umwelt gerecht zu werden. Die Menschen wollen selbst entscheiden, was sie essen! Jetzt wird sich zeigen, wer sich wirklich für die Interessen und die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger einsetzt oder wer stattdessen die Gentechnik-Konzerne und ihre Patent-Pläne protegiert."