"Es wird schwierig, aber es geht weiter", lautet das Resümee Helwig Schwartaus Analyse zum deutschen Apfelmarkt. Anlässlich der 41. Bodensee-Obstbautagen, die im Zuge der Messe Fruchtwelt Bodensee stattfand, stellte der Obstvermarkungsexperte von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH aktuelle Ergebnisse und Erkenntnisse zum nationalen, aber auch europäischen Kernobstmarkt vor. "Produktionskosten legen so kräftig zu, dass viele Betriebe in der Existenz gefährdet sind", konstatiert Schwartau.
95 Prozent der in Deutschland produzierten Äpfel werden auch am deutschen Markt verkauft. "Diese Chance muss aber auch genutzt werden, andere Länder träumen von einem solchen Markt." Die Wertschöpfung für Äpfeln muss gesteigert werden, um aus der Billigpreisfalle zu kommen. Konsumenten kauften preisbewusster, was vor allem Discountern zugutekäme, die hohe Gewinne erzielen konnten. Vollsortimenter wie etwa Rewe und Edeka sowie Fach- und Biomärkte verlieren deutlich gegenüber dem Discounter, was zu einer entsprechenden Vermarktung im LEH hinauslaufe, denn: "In jedem Edeka steckt mittlerweile auch ein Discounter", so Schwartau. Doch auch die Direktvermarktung hatte deutliche Umsatzverluste zu verzeichnen.
Zwar sei das Thema Regionalität weiterhin von Bedeutung, stünde jedoch auf Platz 2 und damit hinter dem Preis. Prinzipiell lasse sich beobachten, dass die meisten Mengen über Aktionen vermarktet werden. "Der Erfolg ist von der entsprechend Produktpositionierung abhängig. Das Standard-Tagesgeschäft funktioniert nicht mehr so gut wie zuvor. Die Produktionskosten sind höher, während die Auszahlungspreise für Äpfel niedriger sind. Gegenüber dem Vorjahr haben wir ein Loch von 0,20 EUR/kg." Konsumenten seien aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Situation zwar dazu getrieben, günstiger einzukaufen, jedoch sehe Schwartau Werbeaktionen äußerst kritisch, die sich nur auf Billigpreise konzentrierten. Als Beispiel führte er hierbei eine Aktion vom Discounter Netto, bei der ein Kilo Auberginen für 0,01 EUR verkauft worden seien.
In Europa wurden 12 Millionen Tonnen Äpfel produziert, wobei Polen mit knapp 5 Millionen den Schritt vorgab. Allerdings gingen etwa 3,5 Millionen Tonnen an die Verwertung, da einerseits der osteuropäische Markt aufgrund der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine weggebrochen sei, andererseits aber auch der ägyptische Markt keine Lizenzen mehr für Apfelimporte vergebe, sondern für Weizen gebraucht werden. "Ausgehend von den Erfahrungswerten der letzten Jahre glaube ich, dass wenn wir vernünftige, kostendeckende Preise haben wollen, ein Marktgleichgewicht von ca. 10,5 Millionen Tonnen bestehen muss. Es ist schlichtweg zu viel Ware auf dem Markt." Diese verursache mehr Druck auf dem EU-Binnenmarkt. "Die Mengen müssen gesenkt werden, um eine ertragsfähige Basis für den Markt zu haben." Außerdem sei in Europa seit einiger Zeit ein jährlicher Konsumverlust von 1,4 Prozent zu sehen, was etwa 100.000 Tonnen an Tafeläpfeln entspricht. Deutschland exportiere bislang etwa 1,1 Millionen Tonnen.
Platzierung am deutschen Markt und höhere Wertschöpfung
Der Anteil der deutschen Äpfel im deutschen Markt lag in der Spitze bei 63 Prozent, während Italien bzw. Südtirol einen Marktanteil von zehn Prozent hatten. Um den Eigenanteil zu erhöhen und damit auch die Rentabilität, müsste das Sortiment den Konsumwünschen entsprechend angepasst werden, plädiert Schwartau. "Den Apfelkonsum wird man insgesamt nicht entscheidend steigern können, aber man kann ihn zumindest versuchen zu halten. Um den gleichen Erlös pro Hektar zu gewährleisten, muss eine höhere Wertschöpfungskette geschaffen werden. Konsumenten in Deutschland haben einfach kein Gefühl mehr für den Preis von Obst und Gemüse." Aktuell verzeichne er jedoch wieder eine gewisse Stabilisierung. Kritisch sieht der Vermarktungsexperte aber auch Vermarktungsaktionen, in denen etwas 2 kg-Taschen für 1,49 Euro verkauft werden. "Das Billigsegment schadet dem Erzeuger, aber auch dem Großhandel und am Ende auch dem LEH", so Schwartau. Ein Problem bestünde aber auch bei der Qualität der Waren, weshalb er sich für ein besonderes Qualitätspflege mit den passenden Sorten aussprach.
Bei jungen Apfelbäumen sei ferner zu beobachten, dass überwiegend Clubsorten kultiviert werden. Während die Vermarktung von Elstar und Gala nach wie vor funktioniere, werden Braeburn und Jonagold kaum noch angebaut.
Verpackungsarten, Biomarkt und Clubsorten
Der Verkauf von loser Ware verliere zunehmend an Bedeutung, während der Einsatz von Foodtainern bis 1 kg populärer werde. Der Tendenz dazu, alterntige oder aber qualitativ schlechtere Ware in Taschen zu verkaufen, begegnet er ebenfalls kritisch. Der Bio-Bereich hatte einen Verlust von elf Prozent, aber auch in diesem Feld konnten Discounter sich am ehesten behaupten, da Konsumenten den Naturkostfachhandel weniger frequentierten. Die Bio-Ware könnte noch preislich angekurbelt werden, während konventionelle Produkte vor allem durch Aktionen stärker medial promotet werden müssten. Die deutsche Ware müsste stärker in den deutschen Medien präsent sein. Der Trend hin zu Clubsorten sei nicht mehr umkehrbar. Die Branche solle sich aber nicht "kannibalisieren", sondern in Anlehnung an die Produktion und an den LEH partnerschaftlich zusammenarbeiten.
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Helwig Schwartau
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