Zum Start der Frühkartoffelsaison lud die Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere Christoph Hambloch ein. Hambloch ist der Geschäftsführer der Bundesvereinigung Erzeugergemeinschaften Kartoffeln, die Mitglied der Bundesvereinigung ist. Er ist zudem seit zwei Jahrzehnten als Marktanalyst im Bereich Kartoffeln bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH tätig und bundes- sowie europaweit als Kartoffelexperte bekannt. Den Anwesenden präsentierte er aktuelle Fakten und Trends zum Thema Speisekartoffeln.
Deutschland, Frankreich und die Niederlande haben 2021 zusammen 51,5 Millionen Tonnen marktrelevante Mengen ernten können. Die Qualität ließ aber angesichts des wechselhaften Wetters, insbesondere aufgrund des kalten Monats Mai und der Regenphasen über den Sommer, zu wünschen übrig. Erhebliche Probleme habe es zudem dadurch mit Grünknollen und Fäulnis im vergangenen Jahr gegeben.
Christoph Hambloch
Absortierungen von 20-30 Prozent
"Es wurde viel darüber spekuliert, wann die schlechte Qualität aus den Regalen der Supermärkte genommen wird bzw. in welchem Maße Absortierungen von 20-30 Prozent, die sie ja mitunter hinnehmen mussten, dazu führen, dass die Kartoffeln aus der Ernte frühzeitiger geräumt werden", sagt Hambloch. "Die Rechnung, dass schlechte Qualitäten mit einem frühzeitigen Ende der Lagersaison einhergingen, geht nicht auf. Sie führen aber unter Umständen dazu, dass im Herbst die Ware aus Israel oder Ägypten auch für unseren Markt etwas mehr zurückgehalten wird."
In Niedersachsen habe man Ende Dezember 2021 etwa mit Lagerbeständen von 1,7 Millionen Tonnen erzielt, was Hambloch zufolge einer geringen Menge entspricht. Abgesehen von Nordrhein-Westfalen seien aber in den meisten Regionen eher geringere Vorräte. Das Rheinland sei weitgehend durch mit Lagerware. Angebotsseitig habe es hierzulande keine Probleme gegeben, eher von der Nachfrage her gesehen. Der Krieg in der Ukraine habe die Problematik noch verschärft, da viele Kunden deutlich preissensibler reagiert hätten, gerade wenn man die Absatzmengen und Einkäufe der Privathaushalte analysiert.
April und Mai nicht mehr attraktiv für Ägypten und Israel
"Die großen Gebinde konnten Profite einfahren, die Frühkartoffeln aber eher weniger, was auch schon vor dem Krieg der Fall gewesen ist", weiß Hambloch. Früher gab es bereits die erste Frühware von Januar – März, während die Hauptsaison durch Ware von Mittelmeeranrainerstaaten, vornehmlich Ägypten und Israel im April und Mai versorgt wurde. Mittlerweile stellten die Staaten aber fest, dass das Frühkartoffelgeschäft zu jenen Monaten in Europa für sie nicht mehr lukrativ sei.
"Eine der wichtigsten Destinationen für ägyptische Frühkartoffeln ist nach wie vor Griechenland, dicht gefolgt von Deutschland. Es wird zwar auch Ware aus Ägypten nach Italien und Slowenien vermarktet, diese werden wiederum primär an Deutschland weiterverkauft. Wir hatten bisher auch eine recht hochpreisige Saison. Ägypten stieg mit einem Preis 70 Euro pro 100 kg in den Markt ein, wobei der Preis nun bei unter 60 Euro pro 100 kg für Programmware liegt. Das ist trotzdem höher als in den vergangenen Jahren, was den gestiegenen Produktionskosten geschuldet ist." Hambloch rechnet damit, dass die ägyptische Ware bald durch die spanische ersetzt werde. Abgesehen von einer Aktion für Spargelkartoffeln vor Ostern seien seitdem noch nicht viele Programme angelaufen.
Abnehmender Kartoffelanbau in Israel
Aus Israel käme primär die Frühjahrsernte an, die in dieser Saison vergleichsweise spät eintraf, was auch am kalten Winter lag. "2021 gab es in der zweiten Maiwoche schon zwei Discounter und Vollsortimenter, die die israelische Ware in ihrem Sortiment aufgenommen haben. 2022 hat bislang nur Aldi Süd die Ware im Sortiment aufgenommen." Tendenziell werden in Israel zunehmend weniger Kartoffeln angebaut, weil die Nachfrage in den Bestimmungsorten nicht mehr allzu hoch sei. Israel hat die Saison mit festkochender Ware bei 68-70 Euro pro 100kg gestartet. Aufgrund von Qualitätsproblemen sind die Preise teils aber schon deutlich niedriger.
Spanischer Markt früh geräumt
In Spanien haben sich wiederum die Pflanztermine in der Region Andalusien anfänglich verzögert. "Spanien weiß selbst noch nicht, wie groß das Anbauareal genau sein wird, wobei es wohl auf 5.500 Hektar begrenzt ist. Die Programme für die spanische Kartoffeln werden in Deutschland einigermaßen stabil bis leicht eingeschränkt sein", sagt Hambloch. Ferner habe Spanien mit der Vermarktung von großschaliger Ware nach Polen begonnen, vor allem für festkochende als auch vorwiegend festkochende Kartoffeln. "Der spanische Markt war relativ früh in diesem Jahr geräumt. Importe aus Israel und Ägypten wurden daher sehnlichst erwartet, wobei das Problem besteht, dass das Sortenspektrum für den Eigenbedarf ganz anders ist als für die Exportbestimmungen hier in Westeuropa."
Aufgrund der massiven Niederschläge in Murcia und Cartagena sei die Marktlage in Spanien nach wie vor sehr hochpreisig. Man geht davon aus, dass etwa 80 Prozent, die für die Exporte bestimmt waren, geräumt und zum Teil schon vermarktet wurden. Die Erträge in Andalusien seien aber insgesamt gut gewesen. "Schwierigkeiten hat die spanische Ware bei uns allerdings aufgrund der extrem kritischen Qualitätsbewertung in den deutschen Packvertrieben. Es wird wohl sehr viel abgelehnt. Ich kann keine schlechten Qualitäten feststellen. Der LEH scheint bei der spanischen Ware aktuell sehr qualitätskritisch zu sein."
Christoph Hambloch und Hartmut Magin
Programme als POS
"Der gesamte westeuropäische Markt ist fest in Programmen eingebunden. Die großen Mengen an vagabundierenden Kartoffeln, wie es sie früher gegeben hat, dass etwa plötzlich noch 20.000 Tonnen aus Israel verkauft werden müssen, gibt es so nicht mehr. Trotzdem wird der Markt enger." 2020-2021 seien hervorragende Jahre mit kräftigen Zuwächsen gewesen. "2021 hatten wir zwar schon einen leichten Rückgang, was durch den Heimkonsum kompensiert wurde. Im März 2022 gab es wiederum heftigere Reaktionen, weil man wieder auf das Niveau von 2019 zurückfiel. Aufgrund der Feiertage lief es zumindest anteilig im April einigermaßen gut. Das Wetter war auch konsumfreundlich. Trotzdem sind deutlich weniger Frühkartoffeln, aber dafür deutlich mehr Lagerware verkauft worden", berichtet Hambloch.
Ab KW 25 werden Veränderungen an den Programmen für Spanien und Israel erwartet, ab KW 26 auch die ersten festschalige Sorten aus Norddeutschland. Sein Fazit lautet, dass die Kartoffeln aus Israel, Ägypten und Spanien noch kaum geräumt sind, während die deutsche Ware bereits relativ früh auf den Markt kam. Konfliktpotenzial sei also dementsprechend vorgegeben, ein Preisdruck sei wahrscheinlich. "Das Wetter kann aber noch alles ändern. Auch die Entscheidung des LEHs kann noch einiges ändern", sagt Hambloch.
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