Der Online-Lebensmittelhandel in Deutschland hat in den letzten Jahren um mehr als 20% pro Jahr zugenommen, aber der Marktanteil blieb gering. Während der Corona-Krise (COVID-19) wurde der Mehrwert des Online-Segments allgemein erkannt; die Online-Supermärkte können die gestiegene Nachfrage kaum noch bewältigen. Was kennzeichnet den deutschen Online-Lebensmittelhandel? Und welche Anforderungen müssen die Produkte erfüllen?
Rasantes Wachstum eines noch kleinen Marktanteils
Im Jahr 2019 machte der Online-Lebensmittelverkauf weniger als 1% des gesamten deutschen Lebensmittelumsatzes aus. Der Freiraum nach oben wird von verschiedenen Marktteilnehmern gesucht. Die wachsende Zahl großer und kleiner Online-Supermärkte stieg zwischen 2014 und 2020 durchschnittlich mit 22% pro Jahr.
Umsatzwachstum im deutschen Online-Lebensmittelhandel seit 2014 (in Millionen Euro). Im Durchschnitt stieg der Umsatz um 22% pro Jahr.
Trendwende 2020: die Coronakrise
Die Coronakrise vom März 2020 führte bereits im Februar zu einem explosionsartigen Anstieg der Nachfrage nach Online-Supermärkten in Deutschland. Der durchschnittliche, ziemlich konservative deutsche Verbraucher fand auf einmal eine Vielzahl von Online-Supermärkten vor, die berichten, dass sie die gestiegene Nachfrage kaum noch bewältigen könnten. Das hauptsächlich in Westdeutschland tätige Unternehmen Picnic musste 200 neue Mitarbeiter einstellen, um den Bedarf zu decken, und 70.000 neu angemeldete Haushalte auf eine Warteliste setzen. Marktführer REWE meldet Lieferzeiten von teilweise mehr als einem Monat. Experten erwarten, dass diese vorübergehende Situation letztendlich zu einer größeren Akzeptanz des Online Kaufes von frischen Lebensmitteln auch bei älteren Zielgruppen führen und dass sich das Online-Verhalten der Verbraucher dadurch für immer verändern wird.
Ein Einkaufswagen voller Supermärkte
Wie in den Niederlanden gibt es nun auch in Deutschland viele verschiedene große und kleine Online-Supermärkte. So bietet nicht jeder Supermarkt in Deutschland ein breites Sortiment an oder verfügt über ein Mindestangebot an Produkten. Einige Lieferanten liefern online das gleiche Sortiment wie ihre eigenen physischen Supermärkte (z.B. REWE und Edeka), andere liefern aus einer Kooperation mit bestehenden Großhändlern (wie Getnow von Metro heraus liefert). Das niederländische Unternehmen Picnic, das vor allem im Westen Deutschlands groß ist, ist komplett online und verfügt über einen eigenen Einkauf und Vertrieb, ebenso wie das erfolgreiche Berliner Hellofresh, das weltweit frisches Obst und Gemüse frisch vom Erzeuger in Kisten liefert.
Die 10 größten Online-Lebensmittelanbieter in Deutschland (Quelle: EHI handelsdaten.de)
1. rewe.de (REWE)
2. bringmeister.de (Edeka)
3. allyouneedfresh.de
4. mytime.de
5. amazonfresh.de (Amazon)
6. food.de
7. real.de/lebensmitteshop (Metro)
8. getnow.de (Getnow New)
9. picnic.de (Picnic)
10. frisches.de
Neben den großen Online-Supermärkten gibt es eine wachsende Zahl kleinerer Anbieter, die bestimmte Marktsegmente bedienen, oft deutschlandweit und per Post. Beispiele sind die Online-Supermärkte Veganz und Fooodz, die vegetarische und vegane Produkte anbieten, sowie Gourmetfleisch.de, das hochwertige Wurstwaren gekühlt per Paketdienst versendet.
Möglichkeiten für niederländische Unternehmer
Der Online-Verkauf von Lebensmitteln in Deutschland bietet auch Chancen für niederländische Unternehmer. Die Produkte mit längerer Haltbarkeit werden von vielen Geschäften in Deutschland angeboten, so dass auch Nischenprodukte schnell einen hohen Absatz finden können. Ein Beispiel für einen schnell wachsenden Nischenmarkt sind vegane Lebensmittel.
Neben neuen Möglichkeiten für Lebensmittel selbst bietet dieses enorme Wachstum der Online-Supermärkte auch Möglichkeiten zur Optimierung der digitalen Infrastruktur. In Deutschland zahlen die Menschen immer noch viel mit Bargeld und sind misstrauischer gegenüber digitalen Zahlungsmethoden als in den Niederlanden. Auch hier gibt es Möglichkeiten, gute Anwendungen und/oder Webshops mit zuverlässigen Zahlungsmethoden zu entwickeln und zu verbessern.
Gesetze und Vorschriften
Der Online-Lebensmittelverkauf unterliegt den gleichen Regeln wie der Verkauf in klassischen Geschäften. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) informiert über die Richtlinien. Die Unternehmen müssen sich unter anderem beim BVL registrieren lassen und sind wie der reguläre Handel für die Qualität, die Lebensmittelsicherheit und die Rückverfolgbarkeit der Produkte verantwortlich. Darüber hinaus muss die Kennzeichnung in deutscher Sprache erfolgen, es gibt strenge Hygienevorschriften und für den Online-Verkauf von Produkten gelten besondere Regeln.
Verbraucher sind im deutschen E-Commerce gut geschützt
Auch im Online-Handel sind die deutschen Verbraucher gut abgesichert. Es gibt viele interessante Aspekte wie die Rechtswahl (niederländisch oder deutsch) und das deutsche Widerrufsrecht bei Online-Käufen, aber es gibt auch Regeln über die Art der Informationen, die Sie in einem Webshop angeben dürfen oder nicht. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen bis ins kleinste Detail rechtlich einwandfrei sein. Deshalb empfehlen wir Ihnen, sich von spezialisierten Anwälten, zum Beispiel von der Deutsch-Niederländischen Handelskammer (DNHK), beraten zu lassen und mit Partnern in Deutschland zusammenzuarbeiten.
Quelle: Agro-Botschaften im Ausland