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Gerald Friederici:

Lösungsansätze für die Lebensmittelversorgung

Gerald Friederici ist seit über 25 Jahren als technischer Berater in einem mittelständischen Chemieunternehmen tätig. Neben seinen Aufgaben dort interessiert er sich privat für Themen rund um aktuelle Entwicklungen in Technik und Ökologie. Die erstaunlichen Möglichkeiten der Ertrags- und Qualitätssteigerung durch Einsatz modernster Technologien im Bereich der Lebensmittelproduktion sowie die aktuell deutlich gestiegene Wahrnehmung des Klimawandels führten zu diesem Übersichtsartikel.

In nur 30 Jahren, so schätzt man, werden in den riesigen Ballungsräumen großer Städte ähnlich viele Menschen leben wie heute auf der ganzen Welt.

Die nicht mehr wesentlich steigerbaren landwirtschaftlichen Flächen werden diese Menschen 2050 nicht mehr ausreichend ernähren können, denn es werden dann etwa 50% der heutigen Protein-Menge zusätzlich benötigt. Zusätzlich wird neben dem Ackerboden in vielen Ländern auch die Ressource Wasser knapp werden. Bereits heute konkurrieren ganze Staaten um diesen wertvollen Schatz.

Um die Versorgung der steigenden Bevölkerung mit gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln zu gewährleisten, sind neue Ideen und Konzepte notwendig. Immer größerer Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und gentechnisch optimierten Pflanzen ist dabei langfristig nicht zielführend. Eines der auf Nachhaltigkeit angelegten Konzepte geht auf Ideen zurück, die Mitte des vergangenen Jahrhunderts entstanden: Anbau von Pflanzen unter möglichst vollständig kontrollierten Umweltbedingungen.

Bereits damals überlegten die Forscher, wie man Obst, Gemüse und andere Nahrungsmittel-Pflanzen in möglichst geschlossenen Kreisläufen unter optimierten Bedingungen produzieren könnte. Optimiert bedeutet in diesem Fall eine weitgehende Kontrolle des Klimas, des CO2-Gehalts der Luft, der Wasser- und Nährstoffzufuhr und vor allem des Lichts (hermetisches Thermogewächshaus).

Was im Freiland weitgehend kostenlos zur Verfügung steht, muss beim sogenannten Indoor-Farming zum Teil mit erheblichen Energieeinsatz reproduziert werden. Die flächenbezogene Ertragsmenge ist beim Indoor-Farming ein Vielfaches vom Freilandanbau. Dennoch belasten die Kosten für Klimatisierung und Beleuchtung die Bilanz erheblich.

Besonders in Großstädten lohnt sich das Konzept dennoch zusehends. Denn Transportkosten sowie Verluste durch verdorbene Waren fallen bei Produktion der pflanzlichen Nahrungsmittel innerhalb der Stadt erheblich weniger an. Die Produktion kann außerdem – gesteuert über Licht und Nährstoffzufuhr – sehr zeitnah und genau an den Bedarf des Abnehmermarktes angepasst werden, was bei der Freilandkultur deutlich schwerer zu erreichen ist.

Besonders das Vertical Farming  (Protected Enviroment, Rooftop Growing) bringt in Großstädten erhebliche Platzvorteile, da man in etlichen Etagen übereinander anbauen kann.

Herausforderung Energiebedarf bei Indoorfarming und Vertical Farming
Wo natürliche Beleuchtung nicht möglich oder auch konstruktiv nicht zu realisieren ist, werden heute zunehmend energiesparsame LED-Lampen mit spezifische Lichtspektren eingesetzt. Denn darüber lassen sich Geschwindigkeit, Geschmack und Größe der Früchte beeinflussen. Auf diese Weise ist eine "punktgenaue" Lieferung an z.B. Großmärkte möglich - was bei Freilandanbau immer mit gewissen Risiken verbunden ist.

Obwohl die Beleuchtung mit LED`s bereits recht effizient ist, verbrauchen Lichtmanagement und Klimatisierung noch immer nahezu 95% der elektrischen Energie. Nicht nur Hersteller wie Heliospectra oder andere Mitglieder der AVF (Association of Vertical Farming), sondern viele Forschungsinstitute und Produzenten weltweit arbeiten daran, diesen wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Freilandanbau zu minimieren.

Das Großkonzerne wie Philips, Samsung, Cree oder Osram mittlerweile Hunderte von Mitarbeiter speziell in diesem Bereich beschäftigen, bestätigt die Annahme von Analysten. Die gehen davon aus, dass der Markt an Leuchtdioden in Landwirtschaft und Gartenbau von ca. 1 Milliarde Dollar in 2020 auf auf knapp 4 Milliarden Dollar in 2027 ansteigen wird. Dennoch steht man noch am Anfang und Effizienzpotentiale im Indoorfarming sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Denkansätze für alternative Nahrungsmittelproduktion
2017 schrieb der Guardian, dass etwa 70% der weltweit vorhandenen Ackerfläche für die Tierhaltung genutzt wurden. Die Folgen wie Abholzung, Verlust an Bio-Vielfalt und die Wasserverschmutzung sind in vielen Ländern ein massives Problem. Alternativen werden immer dringender notwendig, um ausreichend hochwertige Lebensmittel auf der begrenzen landwirtschaftlichen Nutzfläche herstellen zu können. Zusätzlich führt der Klimawandel in immer mehr Regionen der Erde zu massiven Veränderungen und Verlusten an nutzbarer Ackerfläche.

Die Effizienzsteigerung durch eine kontrollierte Wachstumsumgebung (Gewächshaus, Indoor-Farming) ist eine der Möglichkeiten dazu. Jedoch ist sie nicht nur auf Gemüse und einige Früchte wie Erdbeeren beschränkt. Der nächste Schritt ist die Aquaponische Farm. Der fast schon geschlossene Kreislauf (natürlich muss man die entnommene Biomasse ausgleichen) verbindet das Pflanzenwachstum ohne Erde mit der Aufzucht von Fischen. Die Pflanzen schwimmen z.B. auf Wasserbecken, in denen Fische leben. Deren Ausscheidungen sind Dünger für die Pflanzen, während umgekehrt die nicht verwertbaren Pflanzenreste zu Futter für die Fische werden. Das Wasser kann nach Aufreinigung wiedereingesetzt werden, was den Bedarf an Frischwasser deutlich reduziert. Solche Anlagen können selbst weit ab vom Meer und in klimatisch trockenen Gebieten eingesetzt werden.

Algen gehören ebenfalls zu den Hoffnungsträgern bei der Herstellung von Biomasse. Unternehmen wie Algama, Frankreich, entwickeln dabei die Technik, spezielle Algen großtechnisch und günstig zu züchten. Diese Algen sind einsetzbar als Lebensmittel, als Futtermittelzusatz für Nutztiere und als erneuerbar hergestellten Treibstoff (Biodiesel; z.B. Solix Biofuels, USA, Biofields, Mexiko). Algensorten wie Spirulina enthalten mehr Protein pro Gramm wie Fleisch und viele weitere wertvolle Spurenelemente.

Als die Lösung für höhere Erträge in der Landwirtschaft gelten gentechnisch veränderte Pflanzen (oder auch Mikrobenkulturen in großen Bioreaktoren; CRISPR). Sie können mit Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen und Krankheiten optimiert werden. Auch die Ertragsmenge und der Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen lässt sich deutlich verbessern. Die Genschere CRISPR gilt bei dieser Methode als besonders streuverlustarm, dass sie sehr genau die gewollte Stelle im Genstrang verändert. Andere Verfahren der bewussten Mutationsverursachung wie Bestrahlung und chemische Mittel sind wesentlich indifferenter und erzeugen ganz unterschiedliche Genbahnveränderungen.

Den möglichen Vorteilen steht allerdings so oder so das deutliche Risiko unvorhergesehener Folgen dieses Eingriffs in die Genbahn natürlicher Zellen gegenüber.

Eine Effizienzsteigerung ist auch durch Automatisierung möglich. Das Ernten von Kartoffeln, Getreide oder sogar Weintrauben mit automatisierten Maschinen ist heute so selbstverständlich, dass sich keiner mehr dazu einen Gedanken macht. Doch erst durch diese technischen Fortschritte war das Bearbeiten und Ernten riesige Felder möglich. Von immer weniger Menschen werden immer größere Mengen Lebensmittel produziert. Der nächste Schritt hin zu autonom fahrenden Landwirtschaftlichen Maschinen wie Mähdrescher oder Maiserntern ist schon vollzogen. Genauso werden heute Dünge- und Spritzmittel mittels funkübermittelter Sensordaten optimiert ausgebracht.

Der nächste Schritt in der Intensivierung der Lebensmittelproduktion wird gerade erprobt und weiterentwickelt: Indoor-Farming und Vertical Farming sind mit ihren standardisierten Prozessen prädestiniert für Automatisierung. Denn neben den Energiekosten sind vor allem die Personalkosten ein bedeutender Posten in dieser neuen Art und Weise der Lebensmittelproduktion.

Eine weitere Möglichkeit, die Ungleichverteilung der Lebensmittelversorgung der Menschen unterschiedlicher Regionen zu vermindern, ist gewiss auch, die maßlose Lebensmittelverschwendung deutlich zu reduzieren. Alleine in Deutschland werden ca. 18 Millionen Tonnen (das sind 18.000.000 Kilogramm) Lebensmittel jährlich entsorgt. Gründe dafür sind eine bewusste Überproduktion im Handel, um immer ausreichend Ware in den Auslagen zu haben. Dazu gehört auch die Entsorgung von an sich noch essbare Produkte wegen des abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatums. Nicht zu unterschätzen ist auch die Produktverschlechterung auf dem Transportwegen. Alles zusammen führen dazu, dass "riesige Essensberge" entstehen, die verschwendet werden.

Tatsächlich könnte man mit konkreten Maßnahmen in diesem Bereich sehr schnell Wirkung erzielen. Denn bei vermindertem Bedarf in den Industrieländern würde in den Herstellerländern Produktionsfläche für die einheimische Bevölkerung frei. Außerdem reduziert sich dadurch unmittelbar der (ökologische und ökonomische) Aufwand für Transport, Lagerung und auch Entsorgung sowie der ökologische CO2-Fußabdruck.

Doch seit im Jahre 2012 eine erste Studie zu dieser Lebensmittelverschwendung veröffentlich wurde, hat sich selbst in Deutschland nicht viel getan. Andere Industrienationen wie die USA haben das Problem noch nicht einmal im Fokus.

Wie häufig bei neuen Entwicklungen wird es Fehlversuche, Rückschläge und auch Sackgassen geben. Bei der Vielzahl von Ansätzen sollten sich jedoch einige Ideen durchsetzen können. Dass manche Lösungen nicht nur aus klimatischen, sondern vor allem aus Kostengründen einen engen Abnehmerkreis haben werden, ist klar. Deswegen muss ein Ziel auch sein, bezahlbare, einfach zu handhabende Lösungen der Landwirtschaft für weniger entwickelte Regionen bereit zu stellen. Doch auch daran wird bereits gearbeitet.

Für weitere Informationen:
Gerald Friederici
info@blickwinkel.de 

Erscheinungsdatum: