75 Prozent der Deutschen deutlich belastet
Nahezu jeder hat Rückstände im Urin
An der Erhebung „Urinale“ nahmen im vergangenen Jahr bundesweit 2.009 Freiwillige teil. Insgesamt hätten sich bei 99,6 Prozent der Probanden „eindeutig verifizierbare Glyphosatrückstände“ nachweisen lassen, erklärten die Initiatoren der Erhebung, die Bürgerinitiative Landwende und die Bio-Supermarktkette Basic.
Johannes Heimrath von der Bürgerinitiative: "Mit dieser Aktion wollten wir herausfinden, wie weit Glyphosat bereits in die Umwelt vorgedrungen ist. Bisherige Untersuchungen basierten stets nur auf kleinen Datenmengen im zweistelligen Bereich. Nun haben wir über 2.000 Datensätze, und 99,6 Prozent der Proben enthalten Glyphosat – das heißt, wir alle sind belastet. Bei Bier kann ich entscheiden, ob ich Alkohol zu mir nehme oder nicht. Diese Freiheit habe ich demnach bei Glyphosat nicht – und ob das gesundheitsgefährdend ist oder nicht, kann bis heute niemand mit Sicherheit sagen. Da die Behörden es bisher versäumt haben, so eine Feldstudie zu machen, musste es eben die Zivilgesellschaft selbst in die Hand nehmen."
Junge Menschen besonders belastet
Die höchsten Belastungen ließen sich laut den Initiatoren nach Altersgruppen aufgeschlüsselt bei Kindern von 0 bis 9 und Kindern/Jugendlichen von 10-19 Jahren nachweisen, nach Berufsgruppen vor allem bei Landwirten. Fleischessende Studienteilnehmer, sogenannte Mischköstler, hätten höhere Belastungen als Vegetarier und Veganer aufgewiesen. Bio-Esser seien weniger belastet als Menschen, die sich konventionell ernähren.
Laut der Bürgerinitiative handelt es sich um die weltweit größte bisher durchgeführte Felduntersuchung zum Nachweis von Glyphosat in Urinen. Betreut wurde sie von der emeritierten Veterinärmedizinerin Prof. Monika Krüger, durchgeführt vom akkreditierten Labor BioCheck-Holzhausen.
Weitere Untersuchungen notwendig
"Die durchgeführte Untersuchung bestätigt die Ergebnisse des Umweltbundesamtes, dass Glyphosat im Urin bei einem Großteil der deutschen Probanden nachweisbar ist", stellte Monika Krüger fest. " Die nachgewiesenen Glyphosatkonzentrationen in den Urinen belegen eine erhebliche Belastung der Probanden. Zur gesundheitlichen Bedeutung dieser Ergebnisse müssen weitergehende wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden, um Zusammenhänge zwischen der Belastung mit Glyphosat durch Lebensmittel, durch Trinkwasser, durch beruflichen Kontakt und dem Gesundheitsstatus sowie bestimmten Erkrankungen in der Bevölkerung zu erkennen", so Krüger.
Der Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik der Grünen Bundestagsfraktion und Agrarexperte Harald Ebner MdB sagte: "Bei Glyphosat darf es kein Weiter-So geben. Dass fast jeder von uns das Pflanzengift im Körper hat, heißt für mich ganz klar, dass es jetzt keine überstürzte Neuzulassung bis 2031 geben darf. Denn die gesundheitlichen Folgen von Glyphosat sind umstrittener denn je." Laut Ebner sei der Expertenstreit noch in vollem Gange, denn die Glyphosat-Bewertungen der Europäischen Chemikalien-Agentur (ECHA) und der gemeinsamen Pestizid-Komission (JMPR) der UN-Weltgesundheits- und Ernährungsorganisationen WHO und FAO stünden noch aus.
"Bundesregierung muss Zulassung in Brüssel stoppen"
Auch das Umweltbundesamt sieht weiteren Forschungsbedarf zur Glyphosatbelastung der Bevölkerung. „Wahrscheinlich krebserregende“ Stoffe dürfen nach aktuellem EU-Recht nicht als „Pflanzenschutzmittel“ zugelassen werden. „Die Bundesregierung muss in Brüssel das Vorsorgeprinzip nach vorne stellen und ein voreilige Zulassung von Glyphosat stoppen. Christian Schmidt darf dem Vorschlag der EU-Kommission kommende Woche daher keinesfalls zustimmen, notfalls muss Umweltministerin Barbara Hendricks ihn stoppen.“, so Ebner.
Die Untersuchungen seien mit dem Abraxis-ELISA-Test im akkreditierten Labor BioCheck-Holzhausen nach Angaben des Herstellers durchgeführt worden, heißt es in einer Mitteilung der Initiatoren. Die Validierung des ELISA-Tests erfolgte demnach mit einer für den Glyphosatnachweis zugelassenen Methode (GC-MS/MS, Krüger et al. 2014). Mit den Untersuchungen sollten folgende Fragestellungen beantwortet werden: 1. Sind die Probanden mit Rückständen belastet? 2. Gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern? 3. Spielen Essverhalten, Alter, Wohnort, BMI sowie hauptsächlicher Kontakt zu Glyphosat eine Rolle für die Konzentrationen im Urin?
Die vollständige Studie ist als Download unter www.urinale.org verfügbar.
Quelle: bio-markt.info