Der europäischen Wirtschaft geht es gut. Jeder, der in den letzten Wochen einmal durch eine Einkaufsstrasse spaziert ist oder Nachrichten gelesen hat, weiss es. Langsam aber sicher scheinen auch die Entscheidungsträger bei der Europäischen Zentral Bank mit zu bekommen, dass die Wirtschaft aufblüht. Donnerstag wurden die Aufzeichnungen der Versammlung von Mitte Dezember publiziert. Daraus ging hervor, dass alle Mitglieder dem Beschluss zugestimmt haben, die Zinsen unverändert zu lassen und das Förderprogramm fort zu setzen. Das war keine grosse Überraschung.
Überraschung
Was wohl eine Überraschung war, war der Hinweis, dass die EZB, im Hinblick auf die strake Wirtschaft, den Markt Anfang des Jahres auf des Ende der Rückkaufprogramme vorbereiten will. Dadurch schauen Händler auf einmal ganz anders auf die erstfolgende EZB-Versammlung, die am 25. Januar statt finden wird. Die Chance, dass die Zentralbank dann deutliche Zeichen gibt, dass sie im kommenden Herbst den Rückkauf von (Staats)Obligationen und anderen Unternehmensanteilen einstellt, ist mit einem Schlag viel größer geworden.
Politischer Glücksfall
Es gab auch auf politischer Eben gute Neuigkeiten für den Euro. Am Freitagmorgen wurde bekannt gegeben, dass die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel und die SPD eine Grundsatzvereinbarung zur Bildung einer Koalition erreicht haben. Obwohl die italienischen Wahlen für Unsicherheit sorgen können, sind die politischen Spannungen aufgrund der Voraussicht, dass Deutschland wieder eine stabile Regierung bekommen wird, zurück gegangen. An den Finanzmärkten melden die Händler nun eine Chance von 70%, dass vor Ende 2018 eine geringe Zinserhöhung folgen wird. Zu Beginn der Woche lagen die Chance noch bei 50%. Dadurch bekommt der Euro einen gute Rückhalt.
China ist böse
Der Aufwind für den Euro kommt zu einem Zeitpunkt, an dem dem der Dollar unter Druck steht. Das hat dieses Mal nichts mit der Politik der Bundesreserve, sondern mit Neuigkeiten aus China zu tun. Von dort kamen Berichte, dass das Land in Erwägung zieht, weniger oder sogar gar keine amerikanischen Staatsobligationen mehr zu kaufen. Ein wichtiger Grund dafür soll sein, dass chinesische Entscheidungsträger mehrere attraktive Investitionsalternativen sehen. Ausserdem will China, im Hinblick auf die verschlechterte Handelsbeziehung, ein Zeichen Richtung Vereinigte Staaten setzen.
Weniger Obligationen kaufen
Die Voraussicht, dass sich eventuell ein wichtiger Käufer vom Markt zurück zieht, führte dazu, dass die Rentabilität der Staatsobligationen in die Höhe schossen. Ein Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren, hat nun eine Rentabilität von 2,6%. Das ist das höchste Niveau seit Mitte März. China wird den amerikanischen Staatsanleihen übrigens nicht in volle Überzeugung den Rücken zu kehren. Aus den aktuellsten Zahlen geht hervor, dass das Land solche Obligation für fast $1.200 Milliarden besitzt.
Euro schießt in die Höhe
Lassen Sie sich nicht mitreißen
Viele Parteien sagen voraus, dass der Euro an Boden gewinnen wird. Währungsspezialisten der Deutschen Bank sagten Anfang dieser Woche voraus, dass der Euro 1,30 Dollar erreichen könnte. Es ist darum verlockend, sich durch den Nachrichtenfluss und durch den Aufmarsch des Euros mitziehen zu lassen. Dennoch ist es klug, nicht die Tatsache aus den Augen zu verlieren, dass die Euro-Kraft doch teilweise eine eher wackelige Basis hat. Die Stimmung kann ganz einfach kippen. Wenn z. B. die EZB am 25. Januar durchschimmern lässt, dass die niedrige Inflation doch wichtiger ist als ein gesundes Wirtschaftswachstum oder wenn der neue Bundesvorsitzende Jerome Powell einen aggressiveren Kurs einschlagen wird.
Laurens Maartens (laurens.maartens@nbwm.nl) ist Währungsexperte bei 'Nederlandsche Betaal & Wisselmaatschappij (www.nbwm.nl). Seine Laufbahn begann 1998 bei der Schweitzer Bank UBS. Seit dem ist er er für unterschiedliche Parteien im In- und Ausland tätig gewesen. Er kommentiert aktuelle Währungsentwicklungen in Zeitungen, im Internet und im Radio. Ausserdem gibt er auf dem Gebiet von Währungsmanagement, Lesungen und Training für Unternehmer. Er rät den Teilnehmern strengstens dazu, sich für einfache und billige Währungsprodukte zu entscheiden. In diesem Artikel gibt er seine persönliche Meinung wider. Dieser Artikel ist keine professionelle Anlageberatung und auch keine Empfehlung, bestimmte Handlungen über die Nederlandsche Betaal & Wisselmaatschappij NV aus zu führen.